Euphoria by King Lily

Euphoria by King Lily

Autor:King, Lily [King, Lily]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783406682049
Herausgeber: C.H.Beck
veröffentlicht: 2015-08-04T16:00:00+00:00


13

Die Zeit dehnte sich wie ein Haar, das jemand an beiden Enden nimmt und dann spannt. Straffer. Noch straffer. Alles war orange. Meine Finger spielten mit dem Spitzenbesatz am Kissen auf Großmutters Bett. Orangefarbenes Kissen. England. Ich war ein kleiner Junge. Ein kleiner Junge mit einem kleinen steifen Schniedel. Er beulte unterm Laken, wenn ich ihn nicht flach drückte. Eine Nacktschnecke so groß wie ein Spielzeugauto kroch über mich und hinterließ nasse Reifenspuren. Erst heiß, dann kalt, dann heiß. Riesige orangegelbe Gesichter beugten sich über mich, flackerten vor mir davon. Ich bekam sie nicht immer zu fassen. Tränen rollten aus meinen Augen. Mein Penis schmerzte und schmerzte. Ich drehte mich um, und er glitt in eine gefrorene Yamswurzel, eng und kalt, und ich schlief ein oder schlief weiter. Ich träumte von meinem Eimer hinter Dotties Haus: Holz mit grünlichen Schimmelstreifen, Drahthenkel, der in die Finger einschnitt, wenn der Eimer sich füllte. Ich träumte, an meinen Händen fehlten Finger. Um mich herum standen Menschen, die ich hätte kennen müssen, aber nicht kannte. Meine Augäpfel wogen jeder hundert Pfund. Wenn ich die Augen schloss, blickte ich in die Windungen eines Ohrs, eines gigantischen Ohrs, und ich musste die Lider wieder aufstemmen, um ihm zu entkommen.

In meinem Pimmel steckt ein Wurm, dachte ich.

«Tatsächlich?», sagte eine Dame. Sie klang, als würde sie lächeln. Ich glaubte nicht, dass ich laut gedacht hatte. Aber so weit meine Augen auch offen standen, des gigantischen Ohrs wegen, konnte ich doch nicht sehen, ob die Frau Nanny war, die irgendeinen komischen Akzent nachmachte.

John war in Frankreich, nicht Belgien, nackt stolperte er eine Landstraße entlang. Aus dem Gebüsch kam Martin und legte die Leinenjacke meines Vaters um ihn. Ich rief, aber sie drehten sich nicht um. Ich schrie und schrie nach ihnen. Ich wollte ihnen nachlaufen, aber ein bärtiger Mann drückte mich zu Boden, zog ein Messer und schabte behutsam die Fliegenlarven aus den offenen Stellen an meinem Bauch.

Was immer du tust, Andrew, hatte meine Mutter einmal gesagt, behellige die Leute bloß nicht mit deinen Träumen.

Ich weiß nicht, ob Stunden vergingen oder Tage, bevor ich verstand, wo ich war. Es war Nacht, und ich roch Zigarettenrauch und hörte eine Schreibmaschine klappern. Um mich war es dunkel, aber ich konnte quer durchs Haus in den Arbeitsraum sehen, wo eine Frau mit Zopf, einem dunklen Zopf über einem weißen Hemd, beim Tippen saß. Neben ihr stand ein Mann und rauchte. Dann beugte er sich vor, die Hand mit der Zigarette auf ihre Rückenlehne gelegt, um zu lesen, was sie schrieb. Nell. Fen. Ich erkannte sie mit einer Erleichterung, als wäre ich ein Kind, das Mutter und Vater erkennt.

«Herrgott noch mal, Bankson, Sie febriler Wichser.» Er wuchtete mich auf eine Seite, dann auf die andere, warf das besudelte Zeug irgendjemandem zu und holte neue Bettwäsche. «Können Sie sich aufsetzen?»

«Ja», sagte ich, aber es ging nicht.

«Macht nichts.» Wieder wuchtete er mich herum, und schon hatte ich saubere Laken unter und über mir. Sein Gesicht glänzte vor Schweiß. Neben dem Bett stand ein Stuhl, auf den setzte er sich.



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