Engelmacher & Co. by Hey Richard
Autor:Hey, Richard [Hey, Richard]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00
12
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Es regnete nicht mehr. Es schneite, und ein böiger Wind jagte die nassen Flocken aus schnell wechselnden Richtungen über die Straßen. Als Katharina aus dem Wagen der Funkstreife stieg, sah sie, daß vor dem Haus in der Giesebrechtstraße, im Schneematsch, schon andere Polizeifahrzeuge standen. Ein Beamter lungerte triefend und schlecht gelaunt vor der Haustür. Wahrscheinlich sollte er Neugierige daran hindern, das Haus zu betreten. Es waren aber keine Neugierigen da.
Auf dem ersten Absatz des Treppenhauses sah sie Scherben von zersplitterten Bierflaschen. Im Wartezimmer weitere uniformierte Beamte. Aus der Anmeldung Stimmen, Poltern, Blitzlichtzischen. Als Katharina die Anmeldung betrat, stand der Fotograf auf einem der Schreibtische, um die metallenen Karteibehälter hinter den Schreibtischen aus der richtigen Perspektive aufzunehmen. Sie waren aufgerissen, die Karteiblätter fehlten. Auf dem Boden, in der geöffneten Labortür, lag verkrümmt eine dunkelhaarige junge Frau in einer Blutlache. Katharina erkannte sie sofort wieder: das Mädchen, das am Freitagabend mit einem weißen Apparat lachend durch die Anmeldung gelaufen war. Die Umrisse des Körpers und der Blutlache waren mit Kreidestrichen markiert. Die langen Haare lagen wirr und blutverschmiert auf dem hellen Linoleumboden. Fast jeder Tote, den Katharina gesehen hatte, zeigte ihr die Endgültigkeit seines Zustands an einem solchen banalen Detail. Wer lag, konnte sich wieder erheben. Blutverlust ließ sich ausgleichen. Daß diese Frau aufstehen würde, um ihre beschmutzten Haare zu waschen, war nicht mehr denkbar.
Der Fotograf sprang vom Schreibtisch, nickte kurz. Er wirkte beleidigt, wie üblich. Katharina hatte vor Jahren über eine witzige Bemerkung, die er während seiner Arbeit machte, nicht gelacht. Sie hatte sich vorgenommen, bei nächster Gelegenheit über seine Witze zu lachen. Aber der Fotograf hatte in ihrer Gegenwart nie wieder einen Witz erzählt.
Aus dem Labor kam Dr. Martin, ging um die Tote herum, begrüßte Katharina umständlich, halb ergrauter Marineoffizier, halb unzufriedener Bibliothekar. Den ernsten Anlässen entsprechend war er immer in korrekte dunkle Anzüge gekleidet.
»Herzschuß«, sagte er. »Zirka zwei Meter Entfernung. Anders bei Dr. Jeremy. Als er den Schuß hörte, mit dem seine Frau getötet wurde, ist er meiner Meinung nach aus seinem Zimmer hierhergerannt und erhielt dann ebenfalls eine tödliche Schußverletzung, nämlich in die rechte Stimhälfte, zirka vier Meter Entfernung. Sie werden es gleich sehen. Er versuchte trotzdem noch, zurückzulaufen in sein Zimmer, wohl um Hilfe herbeizutelefonieren, brach dann aber vor seinem Schreibtisch zusammen.«
Dr. Martin sprach anders als sonst, hastig und stockend zugleich. Sonderbarerweise schien er auch leicht verlegen zu sein. Während seiner Erläuterungen hatte er die Brille abgenommen, geputzt und Katharina durch die geputzte Brille betrachtet. Offenbar zögerte er, ihr noch weitere Mitteilungen zu machen. Langsam folgte er ihr, als sie das Behandlungszimmer betrat.
Aus dem Untersuchungszimmer, das sich an das Behandlungszimmer anschloß, waren Stimmen zu hören. Vor allem die hohe, klagende Stimme von Maurice Phelz: »Ich sage Ihnen, meine Herren, die Fingerabdrücke des Mörders befinden sich auf diesem Stiefel, nun glauben Sie mir doch endlich.«
Katharina folgte der mit Kreide markierten Spur von Blutflecken und Blutrinnsalen, die mitten durchs Behandlungszimmer lief, vorbei an Nischen mit weiß überzogenen Liegen und medizinischen Apparaturen. Ein Gummivorhang lag abgerissen am Boden.
»Da wird er Halt gesucht haben«, sagte Dr.
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