Endlich Richtfest by Jürgen Seibold

Autor:Jürgen Seibold
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Silberburg
veröffentlicht: 2015-04-23T16:00:00+00:00

Freitag, 14.00 Uhr

Als sie mit der Fahrt unter der kleinen Eisenbahnbrücke hindurch Oberndorf hinter sich ließen, öffnete sich das Wieslauftal wieder vor ihnen. Links und rechts der Talebene zogen sich Wiesen die Abhänge hinauf, und nach kurzer Fahrt sah Schneider schon Kallental vor sich liegen. Im vergangenen Oktober war hier der Bauer Greininger ermordet worden, und seit die Kripo den Fall aufgeklärt hatte, war Schneider nicht mehr hier gewesen.

Er ging vor der kleinen Engstelle am Ortseingang vom Gas und sah nach rechts zum anderen Ufer der Wieslauf hinüber. Das kleine Häuschen der Familie Follath konnte er durch die Bäume nicht sehen, auch nicht den dahinterliegenden Greiningerhof. Aber ein Kran ragte über die Baumkronen hinaus.

»Der Bauernhof wird abgerissen«, erklärte Ernst, der dem Blick seines Chefs gefolgt war. »Greininger hatte ja niemanden mehr, gewissermaßen. Da hat er alles der einzigen Frau vermacht, die ihm etwas bedeutet hat.«

Schneider schüttelte den Kopf. »Er hatte ja eine ziemlich seltsame Art, ihr das zu zeigen …«

»Tja, deshalb hat sie wohl auch lange gezögert, bis sie das Erbe schließlich doch angenommen hat. Herr Mader hat mir erzählt, dass sie einen Teil spenden will – und nun macht sie eben alles zu Geld. Für den Hof bedeutet das: abreißen und Bauplätze für zwei, drei Wohnhäuser verkaufen.«

»Kann man auch verstehen, finde ich. Und wem will sie spenden?«

»Ach, diesem und jenem. Da kommt ja einiges an Vermögen zusammen, wenn Sie sich noch erinnern. Ein gar nicht mal so kleiner Betrag ist übrigens für die Vereinskasse der Dorfgemeinschaft vorgesehen.«

»Schön für Frau Wanner. Sie war doch die Vorsitzende, oder?«

»Ja, und sie ist es noch – und freut sich natürlich tatsächlich, wie mir Herr Mader ebenfalls berichtete. Die beiden«, grinste Ernst, »sehen sich inzwischen wohl häufiger …«

Am Sägewerk vorbei erreichten sie den Ortsausgang, und Schneider gab dem Porsche die Sporen. Die eleganten Kurven der Strecke bis hinauf nach Welzheim waren für einen Sportwagen ein gefundenes Fressen – wenn sie zufällig mal weniger befahren waren, so wie heute. Nur die Bahnübergänge störten etwas, wenn der hart gefederte Wagen über die Gleise rumpelte.

Schneider sah rechts ein großes, weißes Zelt sowie ein Haus mit einigen Nebengebäuden und einem Schild. Schneider glaubte »Laufenmühle« auf dem Schild gelesen zu haben und bremste etwas ab.

»Ist es hier?«

»Nein«, erklärte Ernst. »Noch 100, 200 Meter weiter – das hier ist nur der Bahnhof, in dem seit Jahren ein spanisches Lokal betrieben wird. Dieses ›Erfahrungsfeld der Sinne‹, das wir suchen, ist gleich in der nächsten Kurve.«

Im nächsten Moment breitete sich vor Schneider und Ernst ein kleines, aber ziemlich spektakuläres Panorama aus. Die Straße führte in eine kleine Senke hinunter und dann in einer Rechtskurve über die Wieslauf hinweg, die an dieser Stelle rauschend in die Tiefe stürzte. Gegenüber bildete ein zweiter großer Bach einen weiteren Wasserfall, und über die ganze Szenerie spannte sich ein älteres Eisenbahnviadukt.

»Hier links«, lotste Ernst seinen Vorgesetzten, und der bog, nachdem er zwei entgegenkommende Vans mit Frauen und Kindern an Bord durchgelassen hatte, in die Zufahrtsstraße ein. Der Porsche rollte in eine Lücke zwischen zwei Kombis.

Neben einem Zirkuswagen

Download

Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.