Ella by Gambrinus Laura

Ella by Gambrinus Laura

Autor:Gambrinus, Laura [Gambrinus, Laura]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-10-20T22:00:00+00:00


Teil zwei

Dantes Vermächtnis

Verlassen und verloren

Ella hatte vor ihrer spontanen Flucht aus Marcos Landhaus nicht einen Augenblick lang darüber nachgedacht, wohin sie nun gehen sollte. Sie wollte nur fort, weit fort von allem, was mit Marco zu tun hatte. Beim Gedanken an ihre für sie bereits reichlich leblos gewordene, kleine Wohnung wurde ihr beinahe schlecht. Doch wohin sonst konnte sie fliehen, wo konnte sie untertauchen, um ihre Wunden zu lecken?

Also fuhr sie erst einmal einfach drauflos, ohne besonderes Ziel, ohne auch nur an irgendetwas zu denken. Sie achtete nicht darauf, wohin sie fuhr und fand sich schließlich mit ziemlicher Verwunderung an einem der Küstenorte wieder. Es wimmelte von Menschen, die den Sommer in den Strandbädern genossen, so wie sie und Marco es selbst auch noch vor einer Woche getan hatten.

Obwohl es ihr unerträglich erschien, sich unter diese fröhlich lärmende Menschenmenge zu mischen, parkte sie das Auto und stieg aus. Aufatmend und wie in Trance folgte sie dem gepflasterten Fußweg über die Düne hinweg ins Bagno.

Es war irgendeins. Eins der vielen, die für sie untereinander austauschbar waren, weil die Menschen hier überall gleich waren: in Urlaubsstimmung, laut und gut gelaunt, schwitzend und um ihr eigenes kleines Universum kreisend. Eine sonderbare, vollständig bekleidete Frau mit Sonnenbrille auf der Nase, die steif und unnahbar den Nachmittag unter einem Sonnenschirm auf der Terrasse sitzend verbrachte, würde nicht im Geringsten auffallen. Oder doch?

Es war Ella egal. Sie kaufte sich an der Bar einen Drink und starrte blicklos über die sonnenbadende Menge hinweg aufs offene Meer hinaus. Die blassgelbe Flüssigkeit in dem Glas vor ihr wurde langsam warm, die Eiswürfel darin schmolzen und das Kondenswasser lief außen am Glas hinunter und bildete auf dem Tisch eine etwas unrunde Pfütze.

So war das also! Alle ihre Befürchtungen waren wahr geworden. Marco brauchte eine Frau, mit der er repräsentieren konnte – das war sie gewiss nicht. Wann war ihm das klar geworden? Wann hatte er beschlossen, sie fallen zu lassen? Und warum hatte er dann noch vorgestern so getan, als sei er eifersüchtig auf ihren Zeichenlehrer? Um sie über seine eigentlichen Absichten im Unklaren zu lassen? Nur – warum das alles?

Sie war ja so leichtgläubig gewesen! Sie hätte auf ihre eigenen Bedenken hören und mit ihm sprechen sollen. Dann wäre sie wenigstens nicht so eiskalt erwischt worden.

Allerdings hätte das nichts an der Tatsache geändert, dass sie seinen Lügen und Manipulationen ohne den geringsten Verdacht aufgesessen war. Er hatte sie nur benutzt, hatte nur seine Jagdleidenschaft befriedigt und war ihrer auch schon wieder überdrüssig geworden, so einfach war das.

Patrizias alarmierte Frage klang ihr noch im Ohr.

„Er war doch hoffentlich nicht gewalttätig?“

Ein eisiger Schauer lief ihr über den Rücken. Sie erinnerte sich an ihre eigene Beklemmung angesichts seiner finsteren Miene bei ihrer letzten Begegnung. Obwohl selbst ohne ernsthafte Absichten, schien es ihn sehr gestört zu haben, dass er vielleicht einen Nebenbuhler haben könnte. Hatte sie etwa auch noch Glück gehabt, dass sie so glimpflich davongekommen war?

Ihr ganzes Leben lag plötzlich in Trümmern zu ihren Füßen. Sie hatte sich völlig in seine Hände begeben und da saß sie nun – hilflos, ratlos und ohne Perspektive.



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