Elisabeth: Kaiserin wider Willen (German Edition) by Brigitte Hamann

Elisabeth: Kaiserin wider Willen (German Edition) by Brigitte Hamann

Autor:Brigitte Hamann [Hamann, Brigitte]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Amalthea Signum Verlag
veröffentlicht: 2014-04-06T22:00:00+00:00


Der Dezember 1873 brachte dann – nach Abschluß der Wiener Weltausstellung – noch weitere festliche Veranstaltungen, diesmal zu Franz Josephs 25jährigem Regierungsjubiläum. Wieder gab es Feuerwerke und Illuminationen, feierliche Gottesdienste, Festreden und eine Amnestie für alle wegen Majestätsbeleidigung Inhaftierten. In Triest und Prag kam es zu »einigen fanatischen oder kindischen Demonstrationen« gegen das Kaiserhaus, wie der Schweizer Gesandte berichtete. Sein Gesamteindruck über die Stimmung in der Monarchie war aber ein günstiger: Das Jubiläum habe »unwiderlegbar bewiesen, daß die Völker Österreichs lebhafte und warme Sympathie für ihren Monarchen hegen, der, wenn auch in den meisten seiner Kriege unglücklich, doch in den Zeiten der Ruhe und des Friedens stets eifrig und redlich für das Beste seiner Länder bedacht ist«.105

Die Zeitungen zählten die Errungenschaften von Franz Josephs Regierungszeit, also seit 1848, auf. Vor allem die Haupt- und Residenzstadt Wien hatte sich in dieser Zeit geändert, und zwar in einem Ausmaß wie Jahrhunderte vorher nicht. Die Einwohnerzahl war von 500 000 (mit den Vororten 600 000) auf über eine Million gewachsen. Die Stadterweiterung, der Abbruch der alten Stadtmauern und die neue Ringstraße hatten ein modernes Wien geschaffen. Die Donauregulierung war kurz vor dem Abschluß, die Zeiten der häufigen Überschwemmungen vorbei. Das »Fremden-Blatt«: »Auf der breiten Fläche der Donau werden in nächster Zukunft die stolzen Handelsschiffe aller Nationen einherrauschen.«106 Die einstmals schlechten hygienischen Verhältnisse in Wien waren mit dem Bau der neuen Hochquellwasserleitung schlagartig verbessert. Schulen, Kirchen, Spitäler waren in großer Anzahl entstanden. Die neue Universität am Schottentor war im Bau; das Künstlerhaus, das Musikvereinsgebäude, die neue Hofoper, das Stadttheater und die Volksoper waren schon fertig. Wien hatte seit 1848 allein elf neue Brücken.

Es gibt keine Hinweise darauf, daß die Kaiserin an dieser günstigen Entwicklung des Reiches Anteil genommen, daß sie Stolz gefühlt hätte. Es fiel höchst unliebsam auf, daß sie für die Jubiläumsfeierlichkeiten ihren Ungarnaufenthalt nur für zwei Tage unterbrach. Aber auch in diesen zwei Tagen war sie so unnahbar wie nur möglich. Schon bei der Ankunft am Bahnhof in Wien trug sie einen Hut »mit undurchdringlichem silbergrauen Gaze-Schleier«, wie in den Zeitungen nachzulesen ist. Bei der feierlichen Rundfahrt der Majestäten durch Wien während der abendlichen Illumination fuhr der Kaiser mit dem Kronprinzen in einem offenen Wagen, die Kaiserin dahinter in einem geschlossenen Wagen, so daß man sie nicht erkennen konnte.

Großes Aufsehen erregte Elisabeths Verhalten bei einem Spaziergang auf der Ringstraße. Marie Festetics, die in ihrer Begleitung war, erzählte: »Sie wurde erkannt, angejubelt und umringt; im Anfang ging es. Sie lächelte, dankte. Aber von allen Seiten strömten die Menschen! – Es gab kein Vor – kein Rückwärts; eng und enger wurde es um uns – klein und kleiner der Kreis, wir waren in Todesgefahr; – ich bat, flehte, es ging Ihr und mir der Athem aus. Der Angstschweiß stand uns auf der Stirn. Meine Stimme hörte man gar nicht, und ich schrie complete: ›Sie erdrücken ja die Kaiserin – um Gottes willen, Hülfe – Hülfe! Platz – Platz‹… Nach einer Stunde oder mehr konnten wir bis zu dem Wagen dringen – Schnell war Sie



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