Elemente 03 by Unruh

Autor:Unruh
Die sprache: deu
Format: mobi, azw3
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00

28. Kapitel

Clara führte mich einen steilen steinigen Pfad hinauf. Wir kamen zu einer Höhle, die sich gut als Nistplatz für Greifvögel geeignet hätte. Die magische Blase auf Sardinien besaß keinen Wald, nur bunte Steine und dazwischen überall weiße Büsche mit weißen Blüten, die nicht wie bei uns von Bäumen rieselten, sondern in den königsblauen Himmel aufstiegen und darin entschwanden. Allerdings gaben sie keine Melodien von sich. Stattdessen klingelten die Büsche, sobald man sie berührte, als hätten sie statt Blättern lauter Glöckchen. Es war ein fröhliches Bimmeln, jedes Mal, wenn ich auf dem Pfad einen dieser Büsche streifte.

Wir gingen an der Höhle vorbei einen fast nicht sichtbaren Pfad entlang, der auf einen Abgrund zuführte, wo der Fels steil hinab ins Meer fiel. Gerade, als ich keinen Schritt weitergehen wollte, begann sich die Landschaft vor uns zu wandeln. Der Abgrund verschwand. Stattdessen erhob sich dort, wo eben noch das Nichts gewartet hatte, eine mächtige Trauerweide. Der steinige Pfad wurde zu einem Sandweg, der an ihr vorbei auf ein kleines Bauernhaus zuführte, wie man es in Brandenburg finden konnte: mit langem Dach aus roten Ziegeln, niedrigen Fenstern und davor eine Bank und bunte Sommerblumen, links und rechts daneben ungemähte Wiesen.

Clara steuerte auf die Bank zu und setzte sich. Ich nahm neben ihr Platz und schaute auf gelbe Rapsfelder, Sonnenblumen und Mais bis zum Horizont.

»Sieht aus hier wie bei uns in Brandenburg«, bemerkte ich.

»Ja. Ich liebe es, wie grün es bei euch ist.«

»Dafür aber auch viel kälter und es regnet viel mehr«, gab ich zu bedenken.

»Aber so wunderbar saftig und üppig alles. Den Regen würde ich gern in Kauf nehmen dafür und auch ein paar Grad weniger.«

»Hm, die Menschen wollen immer da sein, wo sie nicht sein können, oder?!«

»Ja, oder das haben, was sie nicht haben können.«

»Oder so.«

Wir lächelten uns an.

»Hast du Hunger?«, fragte sie.

»Und wie«, antwortete ich. Clara ging ins Haus und kam kurze Zeit später mit zwei dampfenden Nudelsuppen wieder heraus. Dankbar nahm ich eine Schüssel auf meinen Schoß und begann zu löffeln.

»Ihr könntet euren Agriturismo hier verkaufen und stattdessen einen Bauernhof zwischen Berlin und der Ostsee bewirtschaften«, schlug ich vor.

Clara lachte auf.

»Würde ich glatt machen, wenn mein Vater damit einverstanden wäre, aber der ist hier fest verwachsen, der gibt nicht auf, was er sich aufgebaut hat. Und meine Großeltern leben auch noch auf dem Hof.«

»Und deine Mutter?« Während ich die Frage stellte, wurde mir klar, dass Clara vielleicht sogar deutsche Wurzeln besaß, wenn sie so gut Deutsch sprach und diese Affinität zu unserer Gegend besaß. »Ist sie etwa Deutsche?«

Clara zuckte mit den Augenbrauen und sah mich seltsam an.

»Ich meine, wäre naheliegend, so gut, wie du Deutsch sprichst.«

»Nein, Deutsch habe ich in der Schule gelernt und später auch im Studium belegt.«

Clara schwieg.

Hm, war ich in ein Wespennest getreten und Clara wollte nicht über ihre Mutter reden? Vielleicht war sie ja schon tot. Ich beschloss, das Thema zu wechseln. Außerdem waren wir doch hier, weil Clara mir was sagen wollte. Ehe ich den Gedanken weiterführen und das bisher Gesagte kombinieren konnte, holte sie tief Luft, sah mich an und legte ihre Hand auf meine.

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