Elchtest – Ein Jahr in Bullerbü by Gunnar Herrmann

Elchtest – Ein Jahr in Bullerbü by Gunnar Herrmann

Autor:Gunnar Herrmann [Herrmann, Gunnar]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Subject
ISBN: 978-3-548-92032-0
Herausgeber: Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin
veröffentlicht: 2015-07-29T16:00:00+00:00


13

»Igitt! Da ist ja noch der Kopf dran.« Stefanie ist von meinem Hecht ganz und gar nicht so begeistert, wie es Lars prophezeit hatte. Wahrscheinlich entsprang seine Vorhersage auch mehr einem Wunschdenken. Schließlich ist ja auch seine Andrea keine Freundin von toten Fischen, wie sie neulich bei unserem Ausflug nach Drottningholm sehr deutlich gemacht hat. Ebenso wie Andrea ist wohl auch Stefanie noch zu fest in der deutschen Mentalität verwurzelt, um die Faszination von Selbsterlegtem mit uns Anglern teilen zu können. Meine Beute liegt aufgebahrt auf einem Holzbrettchen auf der Küchenanrichte unserer Mietwohnung und starrt stumm auf die gekachelte Wand.

»Die Eingeweide sind ja auch noch drin. So kann man den aber nicht essen«, stellt Stefanie entrüstet fest.

»So sehen Fische eben aus, wenn sie ganz frisch sind und nicht aus dem Supermarkt kommen. Du bist halt ein Stadtkind«, sage ich betont nachsichtig.

»Ich bin zivilisiert! Und das hier ist barbarisch. Wer soll den denn jetzt zubereiten? Ich jedenfalls nicht.«

»Kein Problem«, beschwichtige ich sie. »Ein echter Angler kann so etwas selbst.«

»Du bist aber kein echter Angler. Du bist einfach nur jemand, der zufällig bei seinem ersten Versuch Glück hatte. Und der arme Fisch musste deshalb sterben. Ich hoffe wirklich, er schmeckt wenigstens.«

Mit diesen drohend ausgesprochenen Worten verlässt Stefanie die Küche in Richtung Wohnzimmer. Der Hecht blickt traurig aus seinen toten Augen. Fast scheint es so, als wisse er, dass Stefanie wieder einmal recht hat. Ein richtiger Angler bin ich sicher noch nicht, und ich habe keinen Schimmer, wie man das großmäulige Monster auf der Anrichte in ein Abendessen verwandelt. Bisher kannte auch ich Fisch nur küchenfertig ausgeweidet oder gar filetiert. Lars hatte mich noch vorgewarnt, dass Filetieren eine Kunst für Fortgeschrittene sei und ich deshalb lieber die Finger davon lassen sollte. Also ist mein Plan, den Hecht am Stück im Ofen zu garen. Weil ich auch davon nichts verstehe, tue ich das, was Männer immer tun, wenn sie in der Küche vor einem kniffligen Problem stehen: Ich rufe meine Mama an. Schließlich ist sie Schwedin, und Lars zufolge gilt der Hecht in ihrer alten Heimat ja als Delikatesse. Sie sollte also wissen, wie man aus meinem toten Fisch etwas Essbares zaubert.

»Was, einen Hecht, sagst du? Konntest du nicht etwas anderes fangen, einen Lachs oder einen Dorsch zum Beispiel?« Meine Mutter scheint von der diffizilen Kunst Süßwasserfischens nicht allzu viel zu verstehen.

»Als Kinder mussten wir manchmal Hecht essen«, sagt sie. »Das war fürchterlich. Diese vielen Gräten! Und der seltsame Geschmack! Da bin ich aber froh, dass ich nicht bei euch zu Mittag essen muss.«

Meine Hoffnung auf einen ruhmreichen Abschluss des ersten Angelabenteuers schwindet rapide.

»Mama, du verstehst nicht. Ich muss wissen, wie man den Fisch zubereitet. Der Geschmack wird schon nicht so schlimm sein, und die Gräten kann man ja herauspulen.«

»Keine Ahnung. Ich habe noch nie Hecht gemacht. Als ich Kind war, gab es den immer im Sommer bei meiner Großmutter. Dazu aß man Kartoffeln und so eine fettige Soße, ich glaube, das war Buttersoße – du hast doch Kartoffeln und Butter?«

»Ja sicher, aber …«

»Gut.



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