Einundachtzig Worte by Arnold Elizabeth Joy

Einundachtzig Worte by Arnold Elizabeth Joy

Autor:Arnold, Elizabeth Joy [Arnold, Elizabeth Joy]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Diana, 2015
veröffentlicht: 2015-10-13T16:00:00+00:00


13

Ich fand nie heraus, was eigentlich genau passiert war, aber über Nacht wurde ich von ihrem Leben abgeschnitten. Weiterhin ging ich jeden Tag nach der Schule zu den Sinclairs, aber niemand öffnete. Warum kam Nate nie zu mir nach Hause? Er musste doch wissen, dass ich nach ihm Ausschau hielt, dass ich Angst hatte – wieso fand er keinen Weg, mir zu erzählen, was los war? War wirklich keiner zu Hause, oder machten sie nur nicht auf? Es war nicht herauszufinden. Die einzigen Anzeichen, dass noch jemand in dem Haus wohnte, waren unbelebt – Bücher, die aufgeschlagen in der Bibliothek lagen, ein neues Muster von Krümeln auf dem Esstisch –, aber im Haus selbst war es still.

Schließlich schwänzte ich an einem eisigen Apriltag die Schule und fuhr gleich am Morgen hinaus zu den Sinclairs. Ich wollte herausfinden, ob sie tatsächlich jeden Vormittag das Haus verließen oder die Tage zu Hause verbrachten und so taten, als würden sie die Türklingel nicht hören. Ich kauerte mich ins Wäldchen, die Hände in die Ärmel gesteckt, und sah Silhouetten am Fenster und Lichter, die an- und ausgeschaltet wurden. Um halb neun verließen sie schließlich alle das Haus und gingen schweigend hintereinander zum Auto. Erst konzentrierte ich mich auf Nate und versuchte ihn dazu zu zwingen, zu mir herüberzusehen. Aber dann bemerkte ich Grace, die hinter Mr. Sinclair ging. Und ich war entsetzt.

Grace war fast nicht wiederzuerkennen, sie glich einer entfernten, todkranken Cousine der Frau, die sie früher gewesen war. Ihr Rock war zu lang und hatte Flecken an den Knien und am Po, ihre Haare waren ungewaschen und verfilzt, ihre Haut grau und ohne die Bräune, die sie durch die Arbeit im Garten angenommen hatte. Ich sah ihnen nach, wie sie davonfuhren. In meiner Brust hing eine schwere Angst wie kalter, nasser Lehm.

Was war passiert? Wohin wollten sie alle? Ich stieg auf mein Fahrrad und fuhr die Stichstraße hinab, gerade noch rechtzeitig, um den Wagen auf der Hauptstraße in Richtung Innenstadt einbiegen zu sehen.

Dann fuhr ich die große Straße entlang bis zur Kirche. Ich sah Mr. Sinclairs Wagen in der Einfahrt und schaute dann hinauf zu den Türen der Kirche. Einen Moment lang blieb ich stehen und überlegte mir, was ich tun konnte, dann stellte ich mein Fahrrad ab, umrundete die Kirche und spähte in ein Fenster auf der Rückseite des Gebäudes.

Durch das Fenster konnte man in Mr. Sinclairs Büro blicken. Auf unfertigen Kieferregalen stapelten sich Bücher, sein Messgewand hing an einem Nagel an der Wand, und an einem großen weißen Schreibtisch saßen Mr. Sinclair und Nate mit Notizblöcken und Stiften. Mr. Sinclair hielt eine Hand über seine Augen und redete, und Nate schrieb blindwütig, mit angespannter, grimmiger Miene.

Ich drückte meine Fingerspitzen gegen die Scheibe, in mir wühlte die Sehnsucht. Seit zwei Wochen hatte ich ihn nicht mehr gesehen, ohne ihn fühlte ich mich so hohl wie eine dieser aufblasbaren Puppen, die an den Füßen beschwert sind und sich immer wieder aufrichten, wenn die Kinder sie zu Boden stoßen.

Ich hoffte so sehr, dass er



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