Einfach. Für Dich. by Webber Tammara

Autor:Webber, Tammara
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: blanvalet
veröffentlicht: 2015-03-08T16:00:00+00:00

15

LANDON

Da ich als Kind auf eine kleine Privatschule gegangen war, kannte ich mich aus mit Kleinstädten. Wie dort nichts geheim bleibt. Wie sich Geheimnisse wie ein Lauffeuer verbreiten. Wie dieses erst erlischt, wenn es von einem größeren Feuer verzehrt wird.

Über die Frühjahrsferien mieteten vier Collegemädchen ein Haus am Strand – ein Haus, das den Richards’ gehörte. Clarks Vater schickte ihn hin, um die Schlüssel zu übergeben. Es ging das Gerücht, er sei mit ein paar Kumpeln von seinem Schul-Baseballteam hingegangen, und sie hätten das Haus erst nach einer Stunde wieder verlassen. Da war vielleicht nichts dabei – aber an jenem Abend kamen sie mit noch einem anderen Typen wieder. Und niemand ging bis zum nächsten Morgen.

Zumindest einer dieser Typen konnte sich nicht beherrschen, mit der angeblichen Tauschgeschäftorgie zu prahlen – nicht dass es ihm irgendjemand verdenken konnte, dass er redete. Strip-Poker mit Cuervo-Gläschen und Collegemädchen, zwei Typen und zwei Mädchen, die sich in ihre jeweiligen Schlafzimmer zurückzogen, und mehrfacher Partnertausch? Darüber würden die meisten Typen reden. Und reden. Und reden.

Manche wollen an dem Punkt nicht aufhören. Manche wollen zum Beweis Fotos und Videoclips davon aufnehmen und sie an Freunde schicken, im Allgemeinen wenn sie zu betrunken oder high sind, um zu begreifen, dass in einem dieser Videos ein Kumpel mit einer festen Beziehung zu sehen ist. In dem Video, auf dem ein fast nacktes Mädchen rittlings auf einem Stuhl auf ihm sitzt und sich so bewegt und stöhnt, dass man keine Fantasie benötigt, um zu wissen, was los ist.

Boyce und ich sahen das Video früh am nächsten Tag.

Melody hatte es gesehen, bevor Clark am nächsten Abend zu ihr nach Hause kam. Es gab einen Riesenkrach, und ihre Mutter drohte damit, seinen Dad anzurufen, wenn Clark sich nicht beruhigte und verschwand. Am Ende ihrer Auffahrt überschlug er sich um ein Haar mit seinem Jeep, als er scharf nach rechts abbog und dabei zwei parallele Reifenspuren hinterließ.

Ich wollte ihm am liebsten eine reinhauen, als er drei Stunden später bei einem der Lagerfeuer aufkreuzte, die den langen Strand sprenkelten, aber ich tat, als sei es nicht mehr als ein kleines Ärgernis, Melody zu verlieren. Boyce erzählte mir, Clark hätte schon früher mit Urlauberinnen gevögelt – er sei nur nicht dabei erwischt worden. »Manche Typen glauben, es zählt nicht, wenn es mit irgendeiner Tussi ist, die nicht lange hier ist. Es ist ein Kurzzeitfick.« Als wollte er Boyce’ Behauptung untermauern, begann Clark fünf Minuten später mit einem fremden Mädchen herumzuknutschen. Sie sah aus wie dreizehn, mit weit aufgerissenen Rehaugen.

»Wow, Kumpel – sieh dir das an«, sagte Boyce und zeigte mit seiner Zigarette in die Richtung.

Melody stapfte über den Strand, flankiert von Pearl, die einen Pappkarton trug. Sie trat im flackernden Schein des Feuers vor Clark hin, tauchte ihre Hände in den Karton und ließ zerrissene Fotos und etwas, was nach Teilen eines Teddybären aussah, über seinen Kopf regnen.

»Was soll das denn, Melody?«, sagte Clark. Er stand auf und ließ das verdutzte Mädchen in seinem Schoß auf den Sand fallen. Sie kroch davon wie eine Krabbe.

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