Einen Verlängerten bitte (German Edition) by Elisa Herzog
Autor:Elisa Herzog [Herzog, Elisa]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2015-04-08T16:00:00+00:00
30
Jetzt ein Bett, dachte Terence, als er die Gabel auf den leer gegessenen Teller legte. Das Essen – eine butterzarte Kalbsleber mit Selleriepüree und herrlich dicker Zwiebelsoße – war unerwartet gut gewesen. Zu gut. Seine Hose spannte ein wenig, und seine Lider waren so schwer, dass sie immer wieder über die Augen zu kippen drohten.
„Ich brauche dringend einen Espresso, sonst wird das heute nichts mehr mit Yorkshire“, stöhnte er und lehnte sich zufrieden zurück. Boten die hier auch Zimmer an? Vielleicht könnten sie hier bleiben und die tolle Aussicht auf die Cheshire Plains genießen.
„Die frische Luft macht dich schon wieder wach“, meinte Dick.
Die anderen nickten zustimmend und wirkten tatsächlich so, als hätten sie durch das Essen neue Energie getankt. Eine unerwartet frühe Siesta konnte er sich also abschminken. Vielleicht hätte er wie seine Begleiter auch nur ein Steak essen sollen, aber bei Leber konnte er einfach nicht widerstehen, zumal Sue Innereien hasste und sie aus ihrem Kochrepertoire verbannt hatte.
„Espresso für alle!“, rief Tom. „Die A537 war doch nur das Vorspiel! Ich habe Lust auf mehr von diesen engen, kurvigen Straßen. Das ist es doch, warum man ein Bike hat, oder?“
Eine halbe Stunde später konnte Terence ihm nur zustimmen. Der Espresso hatte Wunder gewirkt, und er konnte sich wieder voll auf jede einzelne Kurve konzentrieren. Er liebte Yorkshire mit seinen kargen, weitläufigen Bergtälern, deren Grün- und Brauntöne sich mit dem Spiel der vorüberziehenden Wolken ständig veränderten.
Bei der Tourplanung hatten sie sich für das Teesdale entschieden. Dort wollten sie am Mickle Fell übernachten, einem 792 Meter hohen Berg, in dessen Umgebung der geneigte Besucher eine überraschend vielfältige Pflanzenwelt vorfand. Alpine, kontinentale und südliche Flora wuchsen hier im Norden Englands einträchtig nebeneinander her. Terence zählte sich nicht zu den geneigten Besuchern (wahrscheinlich eine Reaktion auf die Baumleidenschaft seines Vaters), ebenso wenig wie Tom, Rufus und Neil, die „Blumen pflücken“ eher im metaphorischen Sinne verstanden. Dieser Tourstopp war eine Reverenz an Dick, der ein passionierter Gärtner war und auf der Chelsea Flower Show vor Jahren einmal einen Preis für das schönste Blumenbeet gewonnen hatte.
Während also vier Männer müde am Lagerfeuer saßen und wahlweise ihre Schultern, Hände oder Waden massierten, stapfte Dick begeistert durch die Flora.
„Blümchen-Dick“, murmelte Tom und nahm einen Schluck Bier aus der Flasche. „Was der nur mit seinem Grünzeug hat?“
„Sie sprechen nicht dauernd“, antwortete Terence, „vor allem nicht über sich.“
„Du kannst jetzt nicht mich meinen?“, fragte Tom kokett. „Er meint doch nicht mich, oder, Neil?“
„Iss ein Würstchen und halt endlich mal die Klappe“, war Neils Antwort.
„Das nennst du Würstchen?“ Tom stupste einen der Weidenstöcke an, auf dem statt einer fetttriefenden Bratwurst ein schwarzer Klumpen hing. „Die Holzkohle im Cat & Fiddle sah besser aus.“
Neil warf ihm eine frische Wurst zu. „Mach’s selber, du super Gourmet.“
Während Tom mit seiner Wurst zugange war, hielt er tatsächlich für einige Minuten den Mund. Terence, der es sich auf einem Stein bequem gemacht hatte, tunkte seine Wurst tief in den Senf. Nichts schmeckte so gut wie Essen unter freiem Himmel. Und Bier.
„Hey, Terence“, rief Rufus, der sich mit Neil auf dessen iPad die Fotos des Tages ansah.
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