Eine kurze Geschichte der Menschheit by Harari Yuval Noah

Eine kurze Geschichte der Menschheit by Harari Yuval Noah

Autor:Harari, Yuval Noah [Harari, Yuval Noah]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Deutsche Verlags-Anstalt
veröffentlicht: 2015-11-26T10:56:27+00:00


Der eine Gott

Die Polytheisten hatten erkannt, dass sich die höchste Macht des Universums nicht für ihre Probleme interessierte. Im Laufe der Zeit kamen die Anhänger einiger polytheistischer Religionen jedoch von dieser Erkenntnis ab und begannen zu glauben, dass diese Macht sich doch für irdische Belange interessieren könnte. Sie helfe den einen und bestrafe die anderen. Bestimmte Handlungen erfreuten und andere verärgerten sie. Manche Orte und Zeiten seien ihr heilig, andere missfielen ihr. So entstanden allmählich die sogenannten monotheistischen Religionen (vom Griechischen mónoe für »allein« und theós für »Gott«). Ihre Anhänger wandten sich an die oberste Macht des Universums, um von Krankheiten zu genesen, im Lotto zu gewinnen oder im Krieg den Sieg davonzutragen.

Die erste bekannte monotheistische Religion betrat im Jahr 1350 vor unserer Zeitrechnung die Bühne, als der ägyptische Pharao Echnaton den Gott Aten, eine eher unbedeutende Gottheit im ägyptischen Götterhimmel, zum uneingeschränkten Herrscher des Universums erklärte. Echnaton erhob den Aten-Kult zur Staatsreligion und versuchte, die Kulte der anderen Götter zu unterdrücken. Seine religiöse Revolution schlug jedoch gründlich fehl: Nach Echnatons Tod wurde der Aten-Kult zugunsten der Vielgötterei wieder begraben.

Auch andere polytheistische Religionen brachten hier und da monotheistische Religionen hervor. Diese blieben jedoch eine Randerscheinung, vor allem weil sie ihre eigene Botschaft nicht verdauten. Das Judentum behauptet beispielsweise, dass sich die höchste Macht des Universums für irdische Belange interessiere, doch diese Belange beschränkten sich auf das kleine Volk der Juden und den schmalen Landstrich Israel. Den Angehörigen anderer Völker hat die jüdische Religion nichts zu bieten, weshalb ihre Anhänger auch niemanden bekehren wollen. Diese Phase könnte man als »regionalen Monotheismus« bezeichnen.

Der Durchbruch kam erst mit dem Christentum. Diese Religion begann ihre Laufbahn als esoterische jüdische Sekte, deren Anhänger die Juden davon überzeugen wollten, dass ihr Prophet Jesus von Nazareth ein lange erwarteter Erlöser namens »Messias« war. Doch einer der ersten Sektenführer, ein gewisser Paulus von Tarsus, erklärte, wenn sich die höchste Macht des Universums schon die Mühe machte, menschliche Gestalt anzunehmen und sich zur Erlösung der Menschheit ans Kreuz schlagen zu lassen, dann sei das doch etwas, das alle Menschen angehe, nicht nur die Juden. Daraus folgerte er, dass die Christen den Glauben an Jesus und seinen Vater in aller Welt verbreiten mussten.

Seine Worte fielen auf fruchtbaren Grund. Die Christen spezialisierten sich auf die Missionierung der gesamten Menschheit. In einer der erstaunlichsten Wendungen der Menschheitsgeschichte gelang es dieser kleinen jüdischen Sekte, die Herrschaft über das mächtige Römische Weltreich zu erlangen.

Der Erfolg der Christen wurde zum Vorbild für eine andere monotheistische Religion, die im 7. Jahrhundert auf der arabischen Halbinsel aufkam: den Islam. Wie das Christentum begann der Islam als eine kleine Sekte in einem abgelegenen Winkel der Welt, aber in einer noch erstaunlicheren Wende ließ diese Sekte innerhalb kürzester Zeit die arabische Wüste hinter sich und eroberte ein Weltreich, das vom Atlantik bis zum Indischen Ozean reichte. Seither gehören monotheistische Religionen zu den Protagonisten der Weltgeschichte.



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