Eine brillante Masche by Zweyer Jan

Eine brillante Masche by Zweyer Jan

Autor:Zweyer, Jan [Zweyer, Jan]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Krimi/Thriller
ISBN: 9783894256180
Google: gZC6oAEACAAJ
Herausgeber: Grafit Verlag GmbH
veröffentlicht: 2014-10-12T22:00:00+00:00


21

Knast oder Anstalt?

Arnsberg, 5. Oktober 1950

Der Gerichtssaal in dem klassizistischen Gebäude am Brückenplatz war auch an diesem Tag wieder gut gefüllt. Entsprechend stickig war die Luft. Landgerichtsrat Döring hatte die Fenster öffnen lassen, aber auch diese Maßnahme brachte kaum Linderung. Trotzdem blieben die Zuhörer. Denn so ein Spektakel bekamen sie in der beschaulichen Beamtenstadt nicht alle Tage geboten.

Nach den üblichen Formalien kam Dr. Döring gleich zur Sache: »Wir haben gestern Ihre Festnahme in Hagen erörtert und dazu die Zeugin Müller gehört. Sie wurden zunächst in Untersuchungshaft genommen und in das dortige Gefängnis eingeliefert. Das stimmt doch?«

»Ja, Herr Vorsitzender. Ein guter Knast, das muss ich schon sagen!«

»Wenn es Ihnen so gut im Gefängnis gefallen hat, warum sind Sie dann immer wieder getürmt beziehungsweise haben versucht, sich Ihrer Verhaftung durch Flucht zu entziehen?«

»Das ist eigentlich ganz einfach, Herr Vorsitzender. Wenn ich draußen war, wollte ich nicht rein, und wenn ich drin war, nicht raus.«

Döring schüttelte entgeistert den Kopf. »Das verstehe, wer will. Können Sie sich vorstellen, was ich vermute, Herr Bos?«

»Nein. Aber Sie werden es mir sicher gleich sagen.«

»Sie machen dem Gericht etwas vor, damit wir uns der Auffassung des Gutachters anschließen und Ihnen verminderte Zurechnungsfähigkeit zubilligen. Und das haben Sie auch schon damals so gehalten. Die Heilanstalt war Ihnen immer lieber als das Gefängnis, habe ich recht?«

»Herr Vorsitzender, wenn ich wirklich so ein abgefeimter Hund wäre, wie Sie es mir unterstellen, würde ich Ihnen doch nie im Leben eine ehrliche Antwort auf Ihre Frage geben, oder? Aber ich bin nicht so ein Schlitzohr. Deshalb sage ich Ihnen was: Sie wissen Bescheid.« Er tippte sich an den Kopf. »Ganz schön was auf dem Kasten haben Sie, das muss ich sagen.«

»Wenigstens einer, dem das auffällt«, lächelte Dr. Döring zynisch. »Und warum ziehen Sie eine Heilanstalt dem Gefängnis vor?«

»Da ist meistens das Essen besser.«

Im Gerichtssaal kam Heiterkeit auf. Der Verteidiger meldete sich zu Wort.

»Ja, Herr Dr. Kaessmann?«

»Mein Mandant möchte damit zum Ausdruck bringen, dass nicht nur die Verpflegung, sondern insbesondere die ärztliche Versorgung in einer Heilanstalt besser ist und er genau diese so dringend benötigte, um seine Krankheit, an der er in dieser Zeit litt, zu bekämpfen.«

»Das hat er so nicht gesagt.«

»Aber er wollte es so formulieren.«

Johann Bos nickte heftig.

»Das Gericht nimmt Ihre Auffassung zur Kenntnis, Herr Verteidiger.«

»Danke.« Kaessmann setzte sich wieder.

»Angeklagter, unabhängig davon, was dieses Gericht von Ihren Einlassungen hält und wie es diese bewerten wird, den Amtsarzt in Hagen jedenfalls scheinen Sie in der Tat beeindruckt zu haben, denn er hat am 25. April 1946 beantragt, Sie in eine Heil- und Pflegeanstalt einzuweisen. Aber dazu kam es dann ja nicht, weil Sie wieder das Weite suchten. Berichten Sie dem Gericht, wie Sie das angestellt haben.«

Aus den Gerichtsakten

Stellungnahme des Leiters der JVA Hagen

Der Häftling Johann Bos wurde am 20. März 1946 auf richterliche Anordnung als Untersuchungshäftling in die JVA Hagen eingeliefert. Bereits am zweiten Tag nach seiner Inhaftierung zeigte der Gefangene ein recht ungewöhnliches Verhalten.

Auf dem Weg zu einer Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft nahm B. den ihn begleitenden Justizvollzugsbeamten in den Arm und forderte ihn, wie er es nannte, »zu einem Tänzchen« auf.



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