Eine Moschee in Deutschland by Meining Stefan
Autor:Meining, Stefan [Meining, Stefan]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783406614125
Herausgeber: C.H.Beck
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00
Streit ums Geld
Die «Islamische Gemeinschaft in Süddeutschland» kam nicht zur Ruhe. In den späten siebziger Jahren musste sich die Gemeinde erneut mit Finanzproblemen auseinandersetzen. Nach wie vor hing die Münchner Gemeinde von Spenden aus dem Ausland ab.[117] Sogar der verfemte ehemalige Vorsitzende Yazdani soll Ende der siebziger Jahre über Mittelsmänner gebeten worden sein, erneut auf Sammeltour zu gehen. Mit seinem Hinauswurf hatte sich anscheinend auch Libyen als Unterstützer der Münchner Moschee zurückgezogen. Gerüchteweise stand ein Bus, der als Spende für das Münchner Islamische Zentrum gedacht war, jahrelang ungenutzt auf dem Gelände der Bonner Vertretung Libyens herum. Doch Yazdani lehnte ab. Ohne Rehabilitierung war er nicht bereit, einen Neuanfang zu wagen.
Schon 1975 wurden alle Mitglieder gebeten, «Vorschläge zu unterbreiten, die offizielle finanzielle Unterstützung aus der islamischen Welt fördern können».[118] Warnende Stimmen gab es damals anscheinend genug. Doch der einzige Muslim, der seine Kritik später veröffentlichte, war der deutsche Konvertit Abdul Karim Grimm: «Bei den diversen Konferenzen habe ich immer dafür plädiert, nicht eine Moschee im herkömmlichen Sinne zu bauen, nämlich mit Kuppel und Minarett, sondern Häuser zu errichten oder zu kaufen, welche zunächst Wohnungen und Geschäftsräume neben dem Gebetsraum haben sollten, damit ein regelmäßiges Einkommen den Fortbestand dieser Einrichtungen gewährleistet», stellte Grimm fest. Die Zuschüsse kämen aber nicht aus Deutschland, «sondern müssen irgendwo in der Islamischen Welt fortlaufend erbettelt werden. […] Ich verließ die Moscheebaukommissionen, nachdem ich wie gesagt kein Gehör gefunden hatte für meine Sorgen und kündigte die Mitarbeit, worauf die Brüder mit sichtlicher Erleichterung reagierten, denn wer hat schon gerne einen finsteren Mahner in einer Gruppe von hoch gestimmten Idealisten!»[119] Natürlich ist es heute unmöglich, den Wahrheitsgehalt dieser Aussagen zu überprüfen. Doch die Worte des Pioniers des deutschen Islam stehen im Raum und im Internet.
Anscheinend hatte die Freigebigkeit der islamischen Welt Mitte der siebziger Jahre deutlich nachgelassen. 1977 bezahlten die drei Angestellten des Münchner Islamischen Zentrums die Gas-, Wasser- und Stromkosten aus eigener Tasche. Lediglich die Verbrauchskosten für die Moschee und das Wohnheim trug der Verein. Ein einziger Stipendiat konnte gefördert werden. Auch die Kosten für die inzwischen 22 Ausgaben der Zeitschrift Al-Islam sowie der Kinderzeitschrift Du und der Islam wurden auf der Generalversammlung am 18. und 19. Februar kritisiert.[120] Sicherlich waren die finanziellen Engpässe auch eine Folge der nun satzungsmäßig festgeschriebenen geringen Mitgliederzahl. Denn wie konnten 62 Personen ein so großes Zentrum unterhalten?
Bis heute ist unklar, was in den Februartagen 1978 im Islamischen Zentrum in München passierte. Der Riss muss damals tief gewesen sein. Zum ersten und zum einzigen Mal in der Geschichte der Gemeinschaft drangen sogar Gerüchte an die Öffentlichkeit: «Münchner Moslems völlig zerstritten», hieß die Überschrift in einem Artikel des Münchner Merkur.[121] Der Konflikt sei eine Folge der politischen Spannung zwischen Libyen und Saudi-Arabien. Dabei konnten sich deutsche und ausländische Muslime «auf keinen gemeinsamen Nenner einigen». Ein nicht genannter Sprecher einer sogenannten deutschen Fraktion meinte sogar gegenüber dem Münchner Merkur: «Infolge des Zustandekommens und in der neuen Zusammensetzung ist der geschäftsführende Ausschuss kein Partner mehr für uns.»[122]
In der Tat standen sich die beiden islamischen Länder damals feindselig gegenüber.
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