Eine Heimat hat der Mensch by Utta Danella

Eine Heimat hat der Mensch by Utta Danella

Autor:Utta Danella [Danella, Utta]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Tags: Roman
Herausgeber: Heyne
veröffentlicht: 2014-05-28T05:51:36+00:00


Salzburg III

Der nächste Tag begann mit einer Enttäuschung. Gerade hatte sich Richard beim Frühstück überlegt, in welchem Restaurant er für diesen Abend einen Tisch bestellen würde, als er ans Telefon gerufen wurde.

Es war Marika. Sie habe den Auftrag, ihm auszurichten, dass er für diesen Abend nichts vorbereiten solle, Freunde von Fräulein Toni aus Wien würden erwartet, die wohnten immer außerhalb in einem ländlichen Gasthof, dort würde man nach der Vorstellung auch zu Abend speisen.

»Ich auch?« fragte Richard schüchtern.

»Selbstverständlich«, erwiderte Marika.

Richard schluckte. Gestern die Mama, heute Freunde aus Wien, möglicherweise sogar der Freund, ach Marie Antoinette …

Wieder ein Tag, der nicht vergehen wollte. Richard verbrachte ihn zum Teil damit, Mitbringsel für seine Mutter und Martin einzukaufen, denn irgendwann würde er ja wohl doch nach Lugano fahren, wenn auch vielleicht nur für einige Tage.

Angenommen – er blieb mitten in der Getreidegasse stehen und starrte versonnen in die Luft.

Angenommen, er konnte seiner Mutter erzählen: Stell dir vor, Jarmila, ich werde wieder heiraten. Ich habe ein Mädchen kennengelernt, das einmalig ist. Die große Liebe, diesmal hat sie mich erwischt. Und …

So ging es gerade nicht. Nach allem, was mit Carola geschehen war, konnte er nie wieder so unbeschwert über die Liebe und eine beabsichtigte Ehe reden. Ganz gewiss nicht zu seiner Mutter, es würde sie zutiefst befremden. Nicht, dass ihr Carola so ans Herz gewachsen war, sie war auch keineswegs entzückt über diese Heirat gewesen.

Sie erlebte ja alles nur aus der Ferne mit, denn als er mit Carola nach Amerika kam, lebte seine Mutter schon im Tessin, und es bestand kein Grund, dass sie für diese rasche und formlose Eheschließung in die Staaten reiste. Erst hatte er die Idee gehabt, eine kleine Hochzeitsreise ins Tessin zu machen. Aber das Jahr war zu weit fortgeschritten, sein Semester begann, außerdem wäre es töricht gewesen, Carola der Belastung eines erneuten Fluges über den Atlantik auszusetzen. Denn auf dem Hinflug, ihrem ersten Flug überhaupt, hatte sie vor Angst steif auf ihrem Sitz gesessen und Richards Hand kaum je losgelassen. Nun kam es vor allem darauf an, dass sie sich in Kalifornien ein wenig eingewöhnte, dass sie sich in der fremden neuen Welt, unter anders gearteten fremden Menschen zurechtfand und sich schließlich auch an das Leben mit einem Mann gewöhnte. Auch war ja in Berlin inzwischen die Mauer errichtet worden, die Welt abermals in Verwirrung und Kriegsangst gestürzt.

Das alles erklärte er in einem langen Brief seiner Mutter, die mit Verständnis darauf antwortete: Er solle alles so machen, wie er es für richtig halte. Dass sie mit dieser Ehe nicht einverstanden war, wusste Richard, ohne dass sie es mit Worten ausdrückte. Sie würde ihrem erwachsenen Sohn niemals Vorwürfe oder Vorhaltungen machen.

Im nächsten Frühjahr dann kam Richard mit Carola nach Lugano, und Carolas offenherziges, zutrauliches Wesen gewann rasch das Herz seiner Mutter, nachträglich billigte sie das ganze Unternehmen, sagte zu ihm: »Ich hatte große Bedenken, weißt du. Dieses Mädchen da aus dem Osten, das du kaum kanntest, und dann hast du sie von heute auf morgen geheiratet.«

»Warum nennst du sie ein Mädchen ›da aus dem Osten‹? Sie ist eine Berlinerin.



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