Eine Heimat am See by Franz Braumann

Eine Heimat am See by Franz Braumann

Autor:Franz Braumann
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Verlag Anton Pustet
veröffentlicht: 2010-11-15T00:00:00+00:00


HÜTE DIE KINDLEIN GUT!

EIN RITTER AUF der Lützelburg, die heute lang schon in Ruinen liegt, gewann einst seine Frau auf sonderbare Art. Als er einmal auf der Jagd durch die Auen längs der Aare schweifte, sah er von fern her durchs Gebüsch etwas Weißes schimmern. Was konnte das für ein Wild sein? – Kein Reh, kein Bär und kein Fuchs konnte es sein. Aber er hatte einmal von dem wunderbaren weißen Hirschen gehört. Lautlos schlich er sich Schritt um Schritt näher. Zuletzt stand nur noch ein einziger Busch zwischen ihnen. Das Geäst störte ihn so sehr am Zielen, dass er einen Zweig zur Seite biegen musste. Diesen Laut hörte das schemenhafte weiße Wesen und es wandte sich um.

Da blickte der Jäger in ein menschliches Gesicht, in das einer Frau. Erschrocken lief sie auf die nahe Aare zu. Der Lützelburger aber schnitt ihr den Weg ab. Bevor sie ins tiefe Wasser der Aare hinabspringen konnte, fing er sie mit seinen Armen auf.

„Lass mich los, ich gehöre nicht hierher!“, wehrte sich die seltsame weiße Frau.

Dem Ritter gefiel ihr Wesen, und er wollte sie nicht mehr loslassen. „Komm mit auf meine Burg, und du sollst es dort gut haben!“, sagte er. Als die weiße Frau es einsah, dass sie ihm nicht mehr entschlüpfen konnte, willigte sie ein. „Aber du darfst nie fragen, woher ich komme!“, bedingte sie sich aus.

Der Ritter entgegnete froh: „Das will ich gern versprechen!“

Sie lebte nur eine kurze Weile auf Lützelburg, dann nahm sie der Ritter zu seiner Frau. Sie wollte jedoch lieber Magd bleiben und sagte zuerst nein: „Ich müsste dir sonst von neuem etwas zur Bedingung machen!“, meinte sie traurig.

„Keine Bedingung ist mir zu groß!“, sprach der Mann.

„Einen Tag in der Woche muss ich Gelegenheit haben, dass ich mich in mein Zimmer einschließe, und du darfst niemals Eintritt fordern!“

„Wenn es nicht mehr ist, das will ich dir gern zugestehen!“, gab der Mann zur Antwort. Da wurde eine prächtige Hochzeit gefeiert, wie es sich für die Ritter von Lützelburg geziemte. Die Gäste staunten über die Frau, wie schön und sanft sie war.

„Der Herr Graf hat sie wohl von weither auf die Burg geholt?“, wollten die einen wissen. „Ihren Namen, den sie früher getragen hat, müsste man kennen!“, meinten die andern. Der Ritter gab keine Antwort darauf. Was hätten die Grafen und Fürsten wohl für ein Gesicht gemacht, wenn er ihnen erzählt hätte, dass er seine Frau im Auwald an der Aare gefunden hatte?

„Die Gäste fragen soviel!“, sagte einmal die Edelfrau zu ihrem Rittersmann. „Lass sie fragen!“, tröstete sie der Lützelburger. „Von mir erfahren sie kein Sterbenswörtlein.“

Die Ritterfrau schenkte dem Lützelburger zwei Kinder, erst ein Maidli, dann einen Buben. Die Kinder wuchsen heran und begleiteten bald die Mutter überall hin. Dem Buben fiel auf, dass die Ritterfrau so oft an der Aare entlang ging. Er fragte: „Was suchst du immer am Fluss?“ „Das Wasser ist so grün und so tief und ich höre manchmal Stimmen herauf“, entgegnete die Mutter.

Das Mädchen erschrak. „Hörst du die Wasserfrauen singen?“ Auch die Kinder horchten, aber sie konnten nichts vernehmen.



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