Ein letzter Tag Unendlichkeit by Lucien Deprijck

Ein letzter Tag Unendlichkeit by Lucien Deprijck

Autor:Lucien Deprijck [Deprijck, Lucien]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Deutsche Literatur, Friedrich Gottlieb Klopstock, Geschichte, Klassik, Liebe, Zürich
Herausgeber: Unionsverlag
veröffentlicht: 2015-11-18T16:00:00+00:00


15

Indessen, während die Rundreise auf dem See im Gange war, schritt Johann Jakob Bodmer in dem geräumigen, für Besucher so imposanten holzgetäfelten Studierzimmer seines Hauses auf und ab und grübelte.

Da befand sich der Messias-Dichter nun auf seiner ersehnten Lustfahrt, um sich mit dem jungen Volk zu vergnügen. Sich an einem Donnerstag (einem Tag des Gebets!) einen rechten Feiertag zu machen. Den lieben Gott einen guten Mann sein zu lassen. Da hatte er seine ersehnten Frauenzimmer! Gleich reihenweise. All die jungen Zürcher, mit denen er so schnell Freundschaft geschlossen hatte. Ihn, Bodmer, hatten sie gebeten mitzukommen, jedoch so überdeutlich höflich und pflichtschuldig, dass er sich nur umso mehr einer Sache verweigert hatte, die für ihn bloßer Zeitvergeudung gleichkam. Sich dort einreihen und den Reigen der Lustbarkeiten fördern helfen, das hätte noch gefehlt!

Im Haus war es jetzt still. Stiller als in den vergangenen Tagen. Wieder so still wie vor Klopstocks Ankunft. Wenn es auch keinen großen Unterschied bedeutete. Denn arg hatte sich der Besucher nicht bemerkbar gemacht. Und dieses Haus war so überaus, so erschreckend still.

Als Klopstock eingetroffen war, hatte Bodmer es kaum erwarten können, mit ihm zu reden, ihn in die Gespräche zu verwickeln, die sich in seinem Kopf schon lange anbahnten. Er war es müde gewesen, sich diese Unterredungen auszumalen: was er ihn alles fragen und was der andere antworten würde. Bodmer hatte sich kindlich gefreut, Klopstock endlich dazuhaben und ihm alles zu zeigen: sein Haus, seine Bibliothek, all die gesammelten Bände Poesie, Philosophie und Geschichte, einiges davon kostbar und beinahe unbezahlbar – gerade wenn man nicht nur die materiellen Werte in Betracht zog. Zürich hatte er Klopstock zeigen wollen, die ganze Umgebung, hatte ihn einführen wollen in die Gesellschaft der ehrwürdigen Männer, die so darauf brannten, ihn kennenzulernen. Er hatte ihn begrüßt mit aller Herzlichkeit, derer er nur fähig war, mit einer Begeisterung, die Klopstock kaum erwidert hatte. Er hatte sich freudig gezeigt, doch ohne rechte Überzeugung, die Begrüßung war eher höflich ausgefallen. Sicher, er kannte ihn, Bodmer, noch nicht, es war kein Wiedersehen alter Freunde (auch wenn Bodmer, sehr einseitig, ein solches Gefühl bereits empfand), und Klopstock war müde von der tagelangen, strapaziösen Reise gewesen. Vor allem Letzteres hatte ihn fraglos entschuldigt. Bodmer hatte sich am Abend, als Klopstock sich, recht früh, zurückgezogen hatte, noch dafür gescholten, dass es ihm nicht gelungen war, seine hohen Erwartungen und seine Begeisterung besser zu zügeln. Doch auch am nächsten Morgen und den darauf folgenden war es nicht anders gewesen.

Am ersten Besuchstag hatte es zwangsläufig sehr viel zu berichten gegeben, der Fragen waren unendlich viele, doch im Wesentlichen wurde hier bloß rekapituliert oder vertieft, was zuvor schon in der schriftlichen Korrespondenz Erörterung gefunden hatte. Schnell stellte sich heraus, dass Bodmer Klopstocks Leben und Verhältnisse so gut kannte, dass dem kaum wirklich Neues hinzugefügt werden konnte. Entsprechend schien Klopstock Gespräche über diese Dinge – seinen Werdegang, sein Studium, die vergebliche Werbung um seine verehrte Cousine – eher lästig zu finden und zeigte sich dafür nicht sehr aufgeschlossen. Auch hatte Bodmer seine Bewunderung für



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