Ein dunkler Fleck. Vera Stanhope ermittelt by Ann Cleeves

Ein dunkler Fleck. Vera Stanhope ermittelt by Ann Cleeves

Autor:Ann Cleeves [Cleeves, Ann]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Kriminalroman
ISBN: 9783644537811
Herausgeber: Rowohlt E-Book
veröffentlicht: 2014-11-10T05:00:00+00:00


Kapitel zweiundzwanzig

Weil Vera zu ungeduldig war, um bis zum nächsten Morgen zu warten, nahm sie Joe ins Schlepptau und fuhr mit ihm zu Edwin Shorts Haus. Der einzige Parkplatz, den sie fanden, lag ganz am Ende der Straße, und so spazierten sie die herrschaftliche Häuserreihe aus der Zeit Edwards VII. wieder hinauf, wobei sie manchen Blick auf das Leben der Wohlhabenden erhaschten, das sich darin abspielte: ein speckiges junges Mädchen, das auf der Geige übte; eine Frau, die fürs Abendessen eindeckte und alle Gläser und das Silber sorgfältig polierte, bevor sie es auf den Esstisch aus dunklem Holz legte; ein älterer Herr, der mit geschlossenen Augen dem Klassikprogramm im Radio lauschte. Vera dachte, dass Margaret als Kind wohl in so einer Straße gelebt haben musste.

Edwin Short machte ihnen persönlich die Tür auf. Er war ein sanfter Mann Ende fünfzig mit silbergrauem Haar, von zuvorkommendem Wesen und elegantem Auftreten, sah man von seinen Lederpantoffeln ab, deren einer ein Loch am großen Zeh aufwies. Er führte sie in einen Salon mit hoher Decke, offenem Kamin und Regalen voller Bücher und bot ihnen einen Sherry an. Vera spürte, dass Joe von dieser Umgebung etwas eingeschüchtert wurde. Schon wieder kam ihnen das britische Klassenbewusstsein in die Quere.

«Kannten Sie Margaret Krukowski gut?» Sie nahm ein Glas entgegen, das in ihrer massigen Pranke winzig aussah. Sherry war nicht gerade ihr Lieblingsgetränk, aber schließlich fuhr Joe, und es brachte auch nichts, unhöflich zu sein.

«Unsere Kanzlei hat die Familie vertreten», sagte Short. «Ich habe noch ihre Eltern gekannt, obwohl sie damals schon etwas älter waren. Mein Vater war Rechtsanwalt, er hat die Kanzlei gegründet, und ich bin in seine Fußstapfen getreten. Natürlich kannte er das Ehepaar besser als ich.»

«Erzählen Sie mir von ihnen.» Vera lehnte sich in ihrem Sessel zurück.

«James Nash war Geschäftsmann. Seiner Familie gehörte eine Metzgereikette im Nordosten. Die hat er dann gerade zur rechten Zeit verkauft, bevor die Supermärkte sich durchsetzten, und danach hat er sich mit der Erschließung von Grundstücken beschäftigt. Aber er war vorsichtig. Ist nie ein großes Risiko eingegangen. Als er starb, war er ein vermögender Mann. Seine Gattin war eine reine Hausfrau, wie es damals üblich war. Margaret war ihr einziges Kind.» Er blickte Vera an. «Ist das überhaupt von Belang? Sagen Sie mir bitte, wenn ich zu viel schwätze.»

«Das ist kein Geschwätz.»

«Als Margaret gegen den Willen ihrer Eltern heiratete, brach die Familie auseinander. Das Ganze war natürlich recht lächerlich.» Short schüttelte den Kopf. «Man muss die Kinder ihre eigenen Entscheidungen fällen lassen. Mein Vater meinte, dass sich die Sache schon wieder einrenken würde, aber Nash war ein Sturkopf, und Margaret kam da offenbar ganz nach ihm. Sie haben ihren Streit nie beigelegt. Ich glaube nicht, dass sie einander je wiedergesehen haben.»

«Was ist mit dem Vermögen der Familie passiert?», unterbrach ihn Joe.

«Margaret hat es jedenfalls nicht bekommen. Als ihre Eltern starben, waren beide hochbetagt und gebrechlich, und ein Großteil des Geldes wurde von den Kosten für das Pflegeheim verschlungen. Nash hatte uns sämtliche Vollmachten erteilt, und wir regelten die Angelegenheiten der Familie.



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