Ein Mann ein Mord by Jakob Arjouni
Autor:Jakob Arjouni
Die sprache: deu
Format: mobi
veröffentlicht: 2011-12-18T23:00:00+00:00
11
Vollbepackt mit belegten Brötchen, Keksen und Schokolade, mit Zeitungen, einer Flasche Scotch und zwei Flaschen Wasser verlieà ich den Hauptbahnhof. Es war kurz vor halb elf. Ich beeilte mich, rannte über den Bahnhofsvorplatz und über die erste StraÃe. Bei der zweiten muÃte ich einen Pulk Reisebusse vorbeilassen. Plötzlich klingelte es hinter mir, und jemand kreischte hysterisch: »Kannste nich sehen: Radweg!«
Ich fuhr herum und brüllte: »Kannste nich fahren, zehn Meter Platz!«
Der Fahrer bremste, drehte eine Kurve und kam mit missionarisch strengem Ausdruck auf mich zu. Ein junger Mann im grünglitzernden Fünfziger-Jahre-Anzug, mit steif gefönten Haaren und einem T-Shirt, auf dem BORN TO BE WILD stand.
»Das is ân Radweg. ân Radweg is für Räder. Ich hätte dich auch umfahren können - wär mein gutes Recht gewesen«, belehrte er mich, seinen eigenen Worten zunickend, und hielt vor mir an. Offensichtlich erwartete er ein Zeichen des Dankes oder der Reue, und ich hatte den Eindruck, er wollte sich gerne länger mit mir unterhalten.
Ich lieà ihn stehen und lief über die StraÃe zum Wagen. Als ich ihn kurz darauf hinter dem Bahnhof überholte, hatte ich gute Lust, ihm zu zeigen, was eine rechtlich abgesicherte Vollbremsung ist.
Ich lenkte den Wagen an Messe und Plaza-Hotel vorbei auf die Autobahn. Die Stadtlichter verschwanden, und dunkelblaue Nacht schlug über mir zusammen. Ich begann auszurechnen, wie lange man mit zwanzigtausend Mark irgendwo im Süden am Meer leben kann. Wäre ich durchgefahren und der Opel wider Erwarten nicht zusammengebrochen, hätte ich am nächsten Morgen am Strand gesessen. Unter einem Strohdach, mit Garnelen und WeiÃwein, einer Kellnerin und Whitney Houston in der Musikbox. Ich lehnte mich zurück. Es war warm im Auto, und der Motor brummte fast gleichmäÃig. Dann kam die Kellnerin an meinen Tisch und blieb bis zur Ausfahrt Gellersheim.
Bei der ersten Telefonzelle hielt ich, sprang raus und rief Weidenbusch an. Es klingelte siebenmal.
»Ja, bitte?«
»Kayankaya. Haben Sie die Stellung aufgegeben?«
»Nein, nein⦠ich war gerade im Bad.«
»Hhm. Also, was gibtâs?«
»⦠wie meinen Sie das?«
Seine Stimme zitterte. Es muÃte ein harter Tag für ihn gewesen sein. Wahrscheinlich hatte er die ganze Zeit am Telefon gesessen, den Schlips in seine einzelnen Fasern zerrupft und einen Pfefferminzbonbon nach dem anderen gekaut.
»Na, Sie haben doch heute nachmittag bei mir angerufen.«
»Ach, so⦠Ich wollte mich nur erkundigen, ob Sie schon was herausgefunden haben?«
»Eine ganze Menge. Wenn mich nicht alles täuscht, haben Sie Ihre Freundin bald wieder.«
Sein folgendes »Ja?!« klang eher erschreckt als erfreut. Ich stutzte. »Ist das vielleicht nicht recht?«
»Doch, dochâ¦Â« Einen Moment blieb die Leitung still. Dann holte er tief Luft und sagte »⦠aber, sehen Sie, ich habe mir das heute noch mal alles durch den Kopf gehen lassen und ich glaube inzwischen, es ist keine gute Entscheidung gewesen.«
»Was ist keine gute Entscheidung gewesen?«
»Mit Sri Dao und mir. Schon wegen der Sprache, und wer weiÃ, was da noch alles auf mich zukommt. Ihre Familie, die Herkunft - das kann man doch gar nicht abschätzen. Und jetzt auch noch Gangster.«
»Hören Sie, Weidenbusch, ich verstehe, daà Sie aufm Zahnfleisch gehen, aberâ¦Â«
»Nein, nein, es ist besser, wenn wir uns trennen.
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