Ein Kuss um Mitternacht by Eloisa James

Autor:Eloisa James [James, Eloisa]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Historical
ISBN: 9783802594168
Google: UMo7ngEACAAJ
Herausgeber: Egmont LYX
veröffentlicht: 2014-09-03T22:00:00+00:00

23

Nachdem Kate die letzten Unkrautranken von der Statue entfernt hatte, konnte man ein pummeliges Kleinkind in einer Kinderschürze erkennen, das auf dem Boden saß und lachte. »Hallo«, murmelte Kate dem kleinen Steinmädchen zu. »Wer bist du …«

Sie fegte die Efeuranken vom Sockel und las eine simple Inschrift: Meinem Liebling Merry.

»Sie haben sich die Handschuhe ruiniert«, mahnte Gabriels Stimme an ihrer Schulter.

»Meine Zofe hat dutzendweise Handschuhe mitgeschleppt«, entgegnete Kate. »Schauen Sie, Gabriel. Ist sie nicht ein Schatz? Sie hat Ringellöckchen.«

»Und Flügel.« Gabriel deutete. »Sie ist ein kleiner Engel.«

»Glauben Sie, dass sie Merry gewesen ist – oder war Merry vielleicht ein Lieblingskätzchen? Sie erinnert mich an die Putten im nördlichen Korridor. Vielleicht wurde auch sie von dem Bildhauer gefertigt, der im Butterfass geflohen ist.«

»Stellt man für ein Kätzchen eine Statue auf? Ich würde sagen, das hier ist ein Denkmal oder sogar das Grab selbst.«

»Wie traurig«, murmelte Kate.

»Es gibt den instinktiven Wunsch, sich an das Kind zu erinnern, wie es zu Lebzeiten gelacht und gespielt hat«, erklärte Gabriel. »Als wir vor zwei Jahren in der Berberei gruben, haben wir in vielen Kindergräbern Spielzeuge gefunden. Die Absicht war wohl die, dass sie im Jenseits fröhlich weiterspielen können.«

Kate nickte. »Gar nicht so weit entfernt von der Absicht, die spielende Merry mit einem Denkmal im Gedächtnis zu bewahren.«

»In meinem Arbeitszimmer habe ich ein kleines Gefäß. Es stammt aus einem Grab und enthielt ursprünglich ein Knöchelspiel. Wahrscheinlich hat es einem Knaben gehört. Ich werde es Ihnen zeigen.«

»Das klingt spannend«, sagte Kate mit ehrlichem Interesse.

»Mein alter Professor Biggitstiff ist ein absoluter Esel. Er hat das Gefäß schlicht ignoriert. Hat die Arbeiter sogar angewiesen, das Grab wieder zuzuschaufeln, nachdem ihm klar geworden war, dass dort kein Gold zu finden war.«

»Ist er ausschließlich an Gold interessiert?«

»Eigentlich nicht. Aber an Ruhm. Er will den großen Fund, die aufsehenerregende Grabung. Etwas so Banales wie das Grab eines armen Kindes interessiert ihn nicht. Deshalb mache ich mir ja solche Sorgen wegen seiner Ausgrabung von Karthago. Er wird wie ein Berserker wühlen und nach Didos Grabstätte suchen und dabei zweifellos alle möglichen interessanten Artefakte zerstören.«

Seine Stimme klang nun weit entfernt. Kate drehte sich um und sah, wie er eine Decke auf eine einigermaßen trockene Stelle im Gras breitete.

»Kommen Sie speisen!«, rief er.

Sie stand auf und ging auf ihn zu. »Das ist ja das reinste Festmahl«, staunte sie.

»Ziehen Sie diese schmutzigen Handschuhe aus«, befahl Gabriel. Er wedelte auffordernd mit einem Hühnerbein.

»Mmm«, machte Kate und streifte ihre Handschuhe ab. »Draußen riecht alles so viel besser, ist Ihnen das auch schon aufgefallen?« Sie biss herzhaft in den Schenkel.

Gabriel antwortete nicht, sondern reichte ihr lediglich ein Glas mit Wein, der leicht war und auf der Zunge prickelte.

Erst als Kate das Hühnerbein, ein Stück Fleischpastete, köstlichen Cheddar und ein eingelegtes Wachtelei verspeist hatte, wurde ihr bewusst, dass er ihr nicht geantwortet hatte. Ja, er aß nicht einmal, sondern lag nur auf die Ellenbogen gestützt da und schaute sie an. Und reichte ihr die Speisen.

Über ein Stück Mandelkuchen hinweg schaute sie ihn scharf an. »Was ist?«

Gabriel zog unschuldig eine Braue hoch.

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