Ein Fenster ins Leben by Lynn Austin

Ein Fenster ins Leben by Lynn Austin

Autor:Lynn Austin [Austin, Lynn]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: ebook, Roman, E-Book, E-Pub, Ein Koffer voller Träume, Am Anfang eines neuen Tages
Herausgeber: Verlag der Francke-Buchhandlung GmbH
veröffentlicht: 2013-04-28T22:00:00+00:00


Kapitel 18

Montag, 26. Juni 1893

Am Montagvormittag stand ich zufällig in der Eingangshalle, als der Postbote mehrere Umschläge durch unseren Briefschlitz schob. Der oberste war an mich adressiert.

Er war von Silas McClure.

Ich ließ die anderen Briefe auf den Boden fallen und rannte nach oben, um den Brief ungestört in meinem Zimmer zu lesen. Diesmal fand ich seine ungelenke Schuljungenhandschrift überhaupt nicht reizend. Ich öffnete den Umschlag und sah, dass das Briefpapier, das er benutzt hatte, das eines Hotels in Chicago war. Er hatte noch eine Visitenkarte mit Dr. Deans Blutkräftiger in den Brief gelegt und dazu eine Gedenkmünze von der Ausstellung.

Liebe Violet,

ich bitte Sie von Herzen um Vergebung, weil ich unseren Ausflug zur Weltausstellung so abrupt beendet habe. Es gab Hunderte Dinge, die ich mir gerne mit Ihnen angesehen und ausprobiert hätte, und ich bin immer noch schlecht gelaunt, weil wir nicht die Gelegenheit hatten, irgendetwas davon zu tun. Ich hätte Robert und Josephine niemals gefragt, ob sie unsere Anstandspersonen sein wollen, wenn ich gewusst hätte, dass sie uns so hängen lassen würden. Glauben Sie, dass Sie mir jemals vergeben können?

Ich habe mich mit Ihnen sehr amüsiert, auch wenn unser Tag unerwartet kurz ausgefallen ist. Ich sehe immer noch Ihr Gesicht vor mir, als wir zusammen mit dem Riesenrad gefahren sind. Auch wenn es nur wenige waren, habe ich jede Minute mit Ihnen genossen.

Ich wette, ich verlange zu viel, wenn ich Sie bitte, noch einmal mit mir auszugehen, aber ich hätte liebend gerne eine zweite Chance, wenn Sie sich überwinden könnten, mir noch eine zu geben. Ich werde während der nächsten paar Wochen in diesem Hotel wohnen, sodass Sie mir schreiben können, falls Sie mir noch eine Chance geben wollen. Sie können mir die Nachricht ins Hotel schicken oder an mein Postfach. Die Nummer steht auf meiner Karte, die ich beilege.

Ich habe Verständnis dafür, wenn Sie sich noch immer betrogen fühlen. Ehrlich gesagt fühle ich mich selbst auch betrogen. Diese verflixten, nutzlosen Anstandspersonen! Nächstes Mal finde ich bessere. Versprochen.

Ihr treu ergebener

Silas McClure

Die Münze war ein Souvenir von der Ausstellung. Ich drehte sie in meiner Hand um und eine Träne lief mir über die Wange, als ich auf der Rückseite ein Bild vom Riesenrad entdeckte. Ich konnte mich noch immer daran erinnern, wie es sich angefühlt hatte, Silas’ Hand zu halten. Und in seinen Armen zu landen, als das Rad sich zum ersten Mal ruckartig in Bewegung gesetzt hatte. Und ich würde vermutlich niemals vergessen, wie er mich angesehen hatte, als unsere Gondel ganz oben auf dem Rad angehalten hatte.

„Hör auf!“, ermahnte ich mich.

Silas war ein räuberischer Tonikum-Vertreter. Es war sein Beruf, andere mit Worten um den Finger zu wickeln. Ich konnte – und wollte – nichts mit einem Dieb zu tun haben. Oder dem Freund eines Diebes. Dabei konnte mir nur das Herz brechen.

Hastig wischte ich die nächste Träne von meiner Wange und schob den Brief unter meine Matratze. Ich würde ihn nicht beantworten. Gerade wollte ich mit der Münze in meiner Tasche das Zimmer verlassen, als mir der gut gekleidete Herr wieder einfiel, den ich auf dem Ausstellungsgelände gesehen hatte.



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