Eifel-Schnee by Jacques Berndorf
Autor:Jacques Berndorf [Berndorf, Jacques]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Kriminalroman, Krimi, Eifelkrimi, Eifel, Siggi Baumeister, Journalist
ISBN: 9783894258252
Herausgeber: Grafit
veröffentlicht: 2011-04-04T20:00:00+00:00
SECHSTES KAPITEL
Ich war der erste, der das Stillhalteabkommen brach. Nachdem wir einen Tag und Nacht geschlafen, herumgetrödelt, gelegentlich die Fernsehnachrichten gesehen, seltener einen Kaffee getrunken, kaum miteinander gesprochen hatten und uns auf eine drastische Weise auf den Geist gegangen waren, brach ich am nächsten Tag frühmorgens auf. Dinah und Rodenstock diskutierten währenddessen noch lauthals mit dem Versicherungsmann, der selbstverständlich der Meinung war, daà sein Unternehmen für derartig abartige Zerstörungen nicht zuständig sei. Er wiederholte dabei ständig einen Satz, den ich seither hassen gelernt habe: »Mein Unternehmen ist nun weià Gott sehr kulant ...«
»Ich bin mal kurz weg«, sagte ich in die erregte Diskussion hinein.
Selbstverständlich war Melanie eine Nachteule und lag noch in tiefem Schlaf. Ich muÃte oft klingeln, bis sie mit schlaftrunkener Stimme maulte: »Ist da einer pervers?«
»Ich bin es, Baumeister. Ich habe noch ein paar wichtige Fragen.«
Sie öffnete. Glücklicherweise war sie kein Morgenmuffel. »Das kostet dich eine Pulle Schampus«, grinste sie. Sie trug einen weit klaffenden Morgenmantel über einem durchsichtigen Nachthemdchen und sah ohne alle Kriegsbemalung wie ein kleines verletzliches Mädchen aus.
»Ich muà einen Schluck trinken. Ich habe heute nacht zuviel erwischt, ich habe Kopfschmerzen.« Sie stand vor dem neogotischen Schrank und öffnete eine Doppeltür. Dahinter war, indirekt beleuchtet, eine Galerie von Flaschen zu sehen. Sie goà sich einen Kognak ein und trank einen kleinen Schluck. Dann hockte sie sich mit untergezogenen Beinen auf einen Sessel.
»Du hast gesagt, Ole und Betty hätten dir gefallen. Hast du etwas davon gemerkt, daà die Qualm in der Küche hatten?«
»Nein«, antwortete sie. »Im Gegenteil. Sie waren für Eifler Verhältnisse erstaunlich liebevoll zueinander, und sie waren endlich mal ein Pärchen, das keinen Beziehungsknatsch zu haben schien. Das freut einen doch, oder?«
»Eigentlich bin ich hier, um dich zu bitten, mir die ganze Geschichte von Kremers zu erzählen. Ich habe dich nämlich in Verdacht, sehr vieles verschwiegen zu haben. Er hat doch Jonny Straffreiheit zugesichert, wenn Jonny ihm die Dealer liefert. Richtig so?«
»Richtig so«, nickte sie. Sie war jetzt aufgeregt, eine Spur blasser. »Warum sollte ich dich bescheiÃen, Baumeister? Es gibt doch keinen Grund.«
»Vielleicht doch«, meinte ich. »Und ich könnte dich auch verstehen, wenn es so wäre.«
Sie kicherte etwas gequält. »Das muÃt du mir erklären.«
»Erzähl mir ein biÃchen von dir, dann erkläre ich dir, was ich meine. Du bist aus Köln, das weià ich.«
»Ja. Altstadt, rechts vom Dom.« Sie zündete sich eine Zigarette an und starrte dann aus dem Fenster. »Angefangen habe ich als richtige Bordsteinschwalbe. Das weiÃt du wahrscheinlich auch, das weià hier jeder. Wir waren vier Kinder, ich war die Ãlteste ...«
»Wie alt bist du eigentlich?«
»Vierundzwanzig. Ich habe noch eine Bitte, Baumeister. Wenn du drüber schreibst, schreibst du dann die Wahrheit und nicht irgendeinen Schei�«
»Wie wäre es, wenn ich dir den Text vorher zur Kontrolle gebe?«
»Das wäre gut«, sagte sie erleichtert. »Meine Mutter, die ich heute noch unterstütze, weil sie es verdient hat, war eigentlich von Anfang an alleinerziehende Mutter. Wir vier Kinder stammen von drei Männern, und keiner hat meine Mutter geheiratet, und jeder hat sich um die Zahlungen gedrückt. Ich hatte immer nur einen Stiefvater, meinen richtigen habe ich nie kennengelernt.
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