Ehrenamt (German Edition) by Sarah Leonhard

Ehrenamt (German Edition) by Sarah Leonhard

Autor:Sarah Leonhard [Leonhard, Sarah]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-10-27T04:00:00+00:00


30.

Am Bodensee, im Oktober des letzten Jahres

An einem der nächsten Wochenenden fuhr Maximilian erneut für Recherchearbeiten an den Bodensee. Waren die Tage also eigentlich als eine Art Arbeitsaufenthalt oder vielmehr Dienstreise gedacht, entwickelte sich daraus für ihn völlig unerwartet ein regelrechter Kurzurlaub. Es begann damit, dass er kurz vor seiner Abreise von daheim noch mit Hans telefonierte, der ihm eröffnete, dass auch er, Karin und die Kinder dieses Wochenende wieder am Bodensee verbringen würden. Wie sich herausstellte, hatten sie in den letzten Wochen beinahe alle freien Tage dort zugebracht. Natürlich verabredete man sich für den Samstagnachmittag und -abend. Den Donnerstag und Freitag hatte Maximilian für seine Ermittlungen vorgesehen. Er war wieder im »Seehof« in Immenstaad untergekommen und begann seine Tour am Donnerstagmittag mit einem Besuch im Biergarten-Café in der Seestraße, wo der Wirt sich noch vom letzten Mal her an ihn erinnerte und sich auch gerne wieder auf einen Plausch einließ, der Maximilian allerdings keine neuen Erkenntnisse einbrachte. Also fuhr er von dort nach Windhag, wo er vor dem Gebäude parkte, in dem der Professor mit seiner Lebensgefährtin wohnte. Er hatte bei der Planung seiner Reise durch einen Anruf beim Institut in Erfahrung gebracht, dass Professor Meister in dieser Woche erst am Freitag an den Bodensee fahren würde. Genau diese Gelegenheit wollte er nutzen, um etwas mehr über dessen aktuelle Lebensgefährtin Mona herauszufinden. Vom Auto aus konnte er sehen, dass sie daheim sein musste. Die Balkontür stand offen, und der Sonnenschirm war aufgespannt. Er beschloss, sich auf einige Stunden Wartezeit einzurichten und hoffte, dass sie an diesem Tag überhaupt noch etwas vorhatte und das Haus verlassen würde. Maximilian faltete die Tageszeitung auseinander, die er sich für diesen Zweck mitgebracht hatte. Ein lesender Mann in einem geparkten Fahrzeug wirkte glaubwürdiger als wartender Ehemann. Außerdem war das Warten einfach langweilig so ohne jede weitere Beschäftigung. Er überflog die Schlagzeilen auf der Titelseite und blätterte rasch weiter zum internationalen Teil. Er fragte sich, wen diese piefigen Meldungen aus der Provinz noch interessieren konnten. Allein schon das Thema »Stuttgart 21« – er konnte es nicht mehr hören und wollte auch nichts darüber lesen. Weder Presse noch Funk und Fernsehen und erst recht nicht diese dämlichen Montagstreffs, die altgewordene Hippies und Spießer in trauter Eintracht nun schon seit Jahren vor dem Bahnhofsgebäude veranstalteten, würden den Bauverlauf jetzt noch beschleunigen, verlangsamen oder sonst in irgendeiner Weise beeinflussen. Und schon gar nicht verhindern. Maximilian sehnte sich nach der Zeit, als man sich statt zur Montagsdemo nach Feierabend noch auf ein Bier, abends zum Kartenspielen und am Wochenende zum Wandern getroffen hatte.

Aus dem Augenwinkel nahm er eine Bewegung auf dem Balkon wahr und blickte auf. Der Sonnenschirm war geschlossen worden, gerade fiel die Balkontür zu. Maximilian legte die Zeitung aufgeschlagen auf den Beifahrersitz und konzentrierte sich jetzt ganz auf seine Beobachtungen. Und tatsächlich trat kurz darauf die Frau aus dem Haus, die Mona sein musste, ging zu ihrem Auto und fuhr los. Maximilian folgte ihr, wobei er sich keine übertriebene Mühe gab, die Verfolgung zu verbergen. Er hatte



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