Eberhardt & Jarmer ermitteln 03 - Die letzte Lugnerin by Schwiecker Florian; Tsokos Michael

Autor:Schwiecker, Florian; Tsokos, Michael [Schwiecker, Florian; Tsokos, Michael]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Knaur eBook
veröffentlicht: 2023-02-28T00:00:00+00:00

37. Kapitel

Berlin-Moabit, Kriminalgericht:

Mittwoch, 7. Juli, 12.32 Uhr

Nach der Mittagspause versammelten sich die Beteiligten wieder im Verhandlungssaal, um den zweiten Zeugen der Anklage zu hören. Rocco wusste, dass er einen Etappensieg errungen hatte, aber weit entfernt davon war, den Prozess zu gewinnen. Er hatte den bisher wichtigsten Zeugen der Anklage in seiner Glaubwürdigkeit schwer beschädigt und dessen Aussage entkräftet. Allerdings befürchtete er, dass dieser Sieg weit weniger Gewicht hatte als gehofft. Denn Oberstaatsanwältin Doktor Bunzel, die in diesem Moment den Saal betrat, zwinkerte ihm selbstbewusst zu, ehe sie an ihrem Tisch Platz nahm. Ein Lächeln spielte um ihre Lippen und Rocco fragte sich, was ihr dieses Selbstvertrauen gab. Offensichtlich wusste sie etwas, das er nicht wusste. Sie musste einen Trumpf auf der Hand haben, den er übersehen hatte.

Rocco blickte in den Zuschauerraum zu Tobi, dem das Verhalten von Bunzel ebenfalls aufgefallen war, aber sein Freund zuckte nur mit den Schultern. Tobi hatte also auch keine Ahnung, was als Nächstes kommen würde.

Nachdem die Richter hinter ihrer Bank Platz genommen hatten, setzte die Vorsitzende die Verhandlung fort und rief den Sachverständigen Bernd Marcus auf, einen Experten für Daktyloskopie, der ein Gutachten zu den am Tatort gesammelten Fingerabdrücken erstellt hatte. Marcus entsprach äußerlich dem klassischen Bild eines Professors in einem englischen Roman des frühen zwanzigsten Jahrhunderts. Zu einem Tweedsakko trug er ein kariertes Hemd mit Strickkrawatte und eine dunkelbraune Cordhose. Auf der Nase hatte er eine schlichte Brille mit rundem Stahlgestell.

Rocco kannte sein Gutachten aus der Ermittlungsakte. Ihm zufolge hatte die Polizei keine Fingerabdrücke von Möller am Tatort gefunden.

Nach der Belehrung begann der Sachverständige Marcus mit seiner Aussage. Er stellte zunächst seinen Auftrag dar und erläuterte dann, wie die Mitarbeiter der Spurensicherung am Tatort gearbeitet hatten. Im Anschluss ging er darauf ein, wie er die im Rahmen der erkennungsdienstlichen Maßnahmen von Möller genommenen Fingerabdrücke mit denen am Tatort verglichen hatte.

»Wie sich aus Seite vier Ihres Gutachtens ergibt, haben Sie keine Übereinstimmung der am Tatort sichergestellten Fingerabdrücke mit denen des Angeklagten feststellen können, oder?«, fragte die Vorsitzende Richterin Doktor Paul.

»Das ist zutreffend«, antwortete Marcus und rückte seine Brille zurecht. »Ich muss allerdings darauf hinweisen, dass ich bei zwei Fingerabdrücken, die mir aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht verwertbar erschienen, gestern Abend noch einen Kollegen zurate gezogen habe.«

Mit einem Mal wusste Rocco, was hier lief. Er setzte sich aufrecht hin und sah zu Oberstaatsanwältin Doktor Bunzel, die seinen Blick mit einem übertriebenen Achselzucken quittierte.

»Und darf ich Sie fragen«, fuhr Richterin Paul fort, »ob das zu neuen Erkenntnissen geführt hat?«

Marcus räusperte sich und es schien, als fühlte er sich in seiner Haut äußerst unwohl.

»Nun, es ist mir sehr peinlich, aber tatsächlich verfügt der Kollege über ein etwas, sagen wir mal, moderneres Equipment.« Er machte eine kurze Pause und räusperte sich. »Was ich damit sagen will, Frau Vorsitzende, ist, dass er zu einem anderen Ergebnis gekommen ist als ich.«

Im selben Moment erhob sich Oberstaatsanwältin Doktor Bunzel von ihrem Tisch. Triumphierend kam sie dem Sachverständigen zu Hilfe.

»Frau Vorsitzende, nachdem der Herr Verteidiger damit begonnen hat, möchte ich gleichfalls einen Beweisantrag stellen. Zum Beweis der Tatsache, dass der Angeklagte sich am Abend des 27.

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