E.M. Remarque by Der Himmel kennt keine Guenstlinge

E.M. Remarque by Der Himmel kennt keine Guenstlinge

Autor:Der Himmel kennt keine Guenstlinge [Der Himmel kennt keine Guenstlinge]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


11

Ein Ka­na­ri­en­vo­gel sang. Cler­fa­yt hör­te es im Schlaf. Er wach­te auf und sah sich um. Er dau­er­te einen Mo­ment, be­vor er wuß­te, wo er war. Son­ne und Wi­der­schein von wei­ßen Wol­ken und Was­ser tanz­ten an der De­cke ei­nes Zim­mers, das um­ge­kehrt, von oben nach un­ten zu lie­gen schi­en. Ein hell­grü­ner Sa­tin­vo­lant um­säum­te die De­cke. Die Tür zum Ba­de­zim­mer und das Fens­ter dar­in stan­den of­fen, und Cler­fa­yt konn­te über den Hof an ei­nem Fens­ter ge­gen­über den Kä­fig des Ka­na­ri­en­vo­gels hän­gen se­hen. Ei­ne Frau mit mäch­ti­gem Bu­sen und gel­bem Haar saß da­hin­ter an ei­nem Tisch und aß – so­viel er se­hen konn­te – kein Früh­stück, son­dern ein Mit­tages­sen mit ei­ner hal­b­en Fla­sche Bur­gun­der.

Er such­te nach sei­ner Uhr. Es war kei­ne Täu­schung; sie zeig­te auf zwölf. Er hat­te seit Mo­na­ten nicht so lan­ge ge­schla­fen und spür­te plötz­lich star­ken Hun­ger. Vor­sich­tig öff­ne­te er die Tür. Da lag das Pa­ket mit den Din­gen, die er am Abend vor­her be­stellt hat­te. Der Haus­knecht hat­te Wort ge­hal­ten. Er pack­te aus, ließ das Ba­de­was­ser ein­lau­fen, wusch sich und zog sich an. Der Ka­na­ri­en­vo­gel sang im­mer noch. Die di­cke Blon­de aß jetzt Ap­fel­ku­chen mit Kaf­fee. Cler­fa­yt ging zum an­de­ren Fens­ter nach dem Quai zu. Der Ver­kehr braus­te drau­ßen mit vol­ler Stär­ke. Die Käs­ten der Buch­händ­ler stan­den of­fen, und ein Schlepp­damp­fer zog glän­zend vor­bei, einen bel­len­den Spitz auf dem Rücken. Cler­fa­yt beug­te sich vor und sah im Fens­ter ne­ben­an Lil­lians Pro­fil. Sie lehn­te aus dem Fens­ter, sehr ge­sam­melt und auf­merk­sam, oh­ne zu be­mer­ken, daß er sie be­ob­ach­te­te, und ließ an ei­nem Bind­fa­den ein fla­ches Körb­chen hin­un­ter­schwe­ben. Un­ten hat­te sich ge­ra­de vor der Tür des Re­stau­rants der Aus­tern­händ­ler mit sei­nen Kis­ten auf­ge­baut. Er schi­en die Pro­ze­dur schon zu ken­nen. Das Körb­chen er­reich­te ihn, er leg­te es mit feuch­tem Tang aus und blick­te nach oben. »Ma­ren­nes? Be­lons? Die Be­lons sind heu­te bes­ser.«

»Sechs Be­lons«, er­wi­der­te Lil­li­an.

»Zwölf«, sag­te Cler­fa­yt.

Sie dreh­te sich um und lach­te. »Willst du kein Früh­stück?«

»Das da. Und statt Oran­gen­saft einen leich­ten Pouil­ly.«

»Zwölf?« frag­te der Aus­tern­mann.

»Acht­zehn«, er­wi­der­te Lil­li­an und zu Cler­fa­yt: »Komm her­über. Bring den Wein mit.«

Cler­fa­yt hol­te ei­ne Fla­sche Pouil­ly und Glä­ser aus dem Re­stau­rant. Er brach­te auch Brot, But­ter und ein Stück rei­fen Pont d'Evêque. »Machst du das öf­ter?« frag­te er.

»Fast je­den Tag.« Lil­li­an zeig­te auf einen Brief. »Über­mor­gen ist mein Di­ner bei On­kel Gas­ton. Möch­test du ein­ge­la­den wer­den?«

»Nein.«

»Gut. Es wür­de auch den Zweck des Di­ners sa­bo­tie­ren: mir einen rei­chen Mann zu fin­den. Oder bist du reich?«

»Im­mer nur für ein paar Wo­chen. Wirst du hei­ra­ten, wenn der Mann reich ge­nug ist?«

»Gib mir von dei­nem Wein«, er­wi­der­te sie. »Und sei nicht al­bern.«

»Ich traue dir al­les zu.«

»Seit wann?«

»Ich ha­be über dich nach­ge­dacht.«

»Wann?«

»Im Schlaf. Man kann dich nicht vor­aus­be­rech­nen. Du funk­tio­nierst nach an­de­ren Ge­set­zen als de­nen, die ich ken­ne.«

»Gut«, sag­te Lil­li­an. »Das kann nie scha­den. Was tun wir heu­te Mit­tag?«

»Heu­te Mit­tag neh­me ich dich mit in das Ritz Ho­tel. Dort set­ze ich dich für fünf­zehn Mi­nu­ten mit ei­ni­gen Ma­ga­zi­nen in ei­ne ver­steck­te Ecke der Hal­le, wäh­rend ich auf mein Zim­mer ge­he und mich um­zie­he. Dann es­sen wir zu Mit­tag, zu Abend, wie­der zu



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