Dunkles Arles by Rademacher Cay
Autor:Rademacher, Cay [Rademacher, Cay]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Krimi
Herausgeber: Dumont Buchverlag
veröffentlicht: 2018-05-21T22:00:00+00:00
Verschwörung auf dem großen Berg
Aveline hatte die Navigations-App auf ihrem iPhone aktiviert und lotste ihn in einem Bogen um die Altstadt. Nur wenige Autos waren unterwegs, doch jedes Mal, wenn Blanc im Rückspiegel Scheinwerfer aufleuchten sah, erlitt er einen kleinen Schock. Kein Streifenwagen, kein Streifenwagen, merde, bloß kein Streifenwagen! Er fuhr peinlich genau mit fünfzig Stundenkilometern.
»Nur Betrunkene halten sich an die Verkehrsregeln«, kommentierte Aveline spöttisch. »Wer am Samstagabend nicht rast, der fällt auf. Man wird uns noch herauswinken.«
»Wenn wir in eine Radarfalle kommen, dann leuchten unsere Gesichter auf dem Blitzerfoto und Lizarey wird sich einnässen vor Freude.«
»Soll er Windeln anziehen. Es ist Mitternacht. Wir haben nur noch zwanzig Stunden Zeit, bis mein Zug nach Paris fährt. Geben Sie Gas.« Aveline zündete sich eine Zigarette an, dann beugte sie sich zum Radio. Eine Sekunde später perlte Ella Fitzgerald durch das winzige Auto. Auf dem Display leuchtete der Name einer Station, die Blanc noch nie gehört hatte: FIP.
Blanc beschleunigte moderat. Jazz in einem gestohlenen Wagen, nachts in einer fremden Stadt. Er war wirklich bescheuert. Sie passierten den Bahnhof und bogen auf eine Straße ein, die sie Kilometer um Kilometer an gesichtslosen Geschäften und Häusern vorbeiführte. Die Scheinwerferkegel des Clio strichen über ein Straßenschild. »Avenue de Stalingrad«, las Blanc. »Ich hätte nicht gedacht, dass Arles mal eine kommunistische Stadt war.«
»Ist noch gar nicht so lange her. Am nächsten Kreisverkehr biegen wir rechts ab.«
Eine schmale Landstraße führte sie in Kurven durch flaches Land: abgeerntete Felder, Zypressenreihen, Kanäle, aus denen Wasser aufdampfte. Bauernhöfe lagen verstreut zwischen Wiesen. Nur aus wenigen Fenstern leuchtete gelbliches Licht. Kein Auto überholte sie, keines kam ihnen entgegen.
»Da vorne ist Montmajour«, sagte Aveline schließlich. »Fahren Sie etwas langsamer.«
Die Ruine eines Klosters. Was hatte Blanc erwartet? Halbhohe Mauern, ein paar Säulen, vielleicht noch ein verfallenes Kirchenschiff, einen vernarbten Glockenturm? Es war völlig anders. Während sie vorüberfuhren, sah er aus den Augenwinkeln wuchtige Gebäude, als hätte ein Gigant sie aus dem Felsen gefräst. Fassaden, deren Fensterhöhlen in schwindelnder Höhe Dunstschleier eingefangen hatten. Und darüber ein eckiger, zinnenbewehrter Turm. »Montmajour sieht aus wie eine Burg aus Der Herr der Ringe«, sagte er überrascht.
»Ich habe Ihnen doch gesagt, das gefällt den Typen vom Bloc.«
Links von der Landstraße öffnete sich die Zufahrt zu einem Besucherparkplatz unter Bäumen. Die Fläche war nicht erleuchtet, doch für einen Augenblick blitzten im Scheinwerferlicht des Clio Motorhauben und Frontscheiben auf. »Da stehen mindestens zwanzig Autos«, murmelte Blanc.
»Konnten Sie den Mercedes erkennen?«
»Nein. Haben Sie jemanden gesehen? Einen Wachtposten? Oder jemanden im Kloster?«
Aveline schüttelte den Kopf. »Suchen wir uns ein Versteck für den Wagen.«
Nach einigen Metern bemerkte Blanc einen ungepflasterten Weg, der links von der Route départementale abzweigte. Er dachte an den Klosterturm. Wenn da oben ein Aufpasser postiert war, dann konnte der Autoscheinwerfer auf Hunderte Meter verfolgen, selbst bei so einem Wetter. Also fuhr er weiter, nahm einige Kurven, bis er mindestens einen Kilometer zwischen sich und die Klosterruine gelegt hatte. Erst neben einem einsamen Bauernhof stoppte er und schaltete die Lichter des Clio aus. Falls jemand auf dem Turm sie wirklich
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