Dumm gelaufen by Starr Jason

Dumm gelaufen by Starr Jason

Autor:Starr, Jason
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Neue Literatur
ISBN: 978-3-257-60195-4
Herausgeber: Diogenes
veröffentlicht: 2014-06-27T04:00:00+00:00


[161] 10

Es war fünf Uhr morgens, und Mickey konnte immer noch nicht einschlafen. Er lag im Bett und sah immerzu Chris’ totes Gesicht hinter der Skimaske, aus dem Mund tropfte Blut.

Schließlich stellte er den Radiowecker neben seinem Bett auf den Nachrichtensender WINS. Es gab keine Meldungen über einen Einbruch in Manhattan Beach und eine Leiche. Das überraschte Mickey, er hatte gedacht, der alte Mann auf der Straße würde sofort die Polizei rufen.

Mickey duschte lange, blieb unter dem heißen Wasser stehen, bis die Haut seiner Finger schrumplig wurde. Nachdem er sich angezogen hatte, hörte er in seinem Zimmer noch mal zwei Stunden Nachrichten, doch über den Einbruch kam immer noch nichts.

Mickey war nicht in der Stimmung, heute stundenlang in einem Musical zu sitzen, wusste aber, zu Hause zu bleiben und darauf zu warten, dass irgendwas in den Nachrichten kam, wäre die reinste Folter. Außerdem würde es guttun, Rhonda wiederzusehen.

Wie versprochen, wartete Rhonda um Punkt elf an der Ecke Bedford und Avenue J. Sie sah toll aus in ihrem schwarzen Minirock, den schwarzen Stöckelschuhen [162] und dem großen roten Pulli mit dem Hüftgürtel. In seiner Jeans, den Turnschuhen und einem Sweatshirt kam Mickey sich zu salopp gekleidet vor.

Als Rhonda einstieg, küsste Mickey sie auf die Lippen, dann duckte sie sich unter das Armaturenbrett und sagte: »Fahr los.«

Mickey gab Gas und fuhr Richtung Ocean Avenue.

»Mein Vater ist aus dem Haus gegangen, und ich hab Angst, dass er zurückkommt«, sagte sie. »Keine Bange, das musst du nicht noch mal machen. Ich muss meinen Vater nur langsam dressieren.« Immer noch nach vorne gebückt, sah sie zu Mickey hoch: »Und, wie geht’s dir?«

»Ganz okay«, sagte Mickey.

Mickey fiel auf, dass Rhonda heute ein anderes Parfüm trug. Es gefiel ihm nicht so gut wie das vom Freitag.

»Stimmt etwas nicht?«, fragte Rhonda.

»Nein«, sagte Mickey. »Wieso?«

»Du siehst irgendwie müde aus.«

»Ich hab letzte Nacht kaum geschlafen. Der Hund des Vermieters.«

»Oh«, sagte Rhonda. Sekunden später fügte sie hinzu: »Du bist nicht sauer, weil ich mich vor meinem Vater verstecke, oder?«

»Nein, überhaupt nicht.«

Mickey bog rechts in die Ocean Avenue ein, und Rhonda richtete sich auf.

»Jetzt sind wir sicher, glaube ich«, sagte sie. »Guck mal, was ich habe.«

Rhonda entnahm ihrer Handtasche ein Foto, und Mickey warf beim Fahren einen Blick darauf. Es war ein [163] Bild von Ronny Feldmans Geburtstagsparty. Mickey, neun Jahre alt, schiefer Pony in der Stirn, sah Ronny beim Geschenkeauspacken zu. Rhonda, in einem hellblauen Kleidchen mit weißem Spitzenbesatz, stand neben Mickey. Ihr Gesicht hatte sich überhaupt nicht verändert.

»Erkennst du mich?«, fragte Rhonda.

»Das ist unglaublich«, sagte Mickey lächelnd.

»Ich frag mich, ob wir miteinander geredet haben.«

»Das wär lustig.«

»Ich glaube, ich erinnere mich an dich.«

Mickey hörte auf zu lächeln, er sah Ralph und Filippo vor sich, wie sie Chris’ Leiche die Treppe hinuntertrugen.

Rhonda steckte das Foto weg und sagte: »Also, dein erstes Musical-Erlebnis – bist du aufgeregt?«

»Ja«, sagte Mickey, immer noch abgelenkt.

»Hört sich ganz so an.«

»Nein – wirklich. Wie gesagt, ich hab letzte Nacht nur zu wenig geschlafen.«

Rhonda redete weiter, erzählte von ihren Lieblings-Broadway-Musicals – Pippin, A Chorus Line, Sweeney Todd. Mickey hörte kaum zu.



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