Drei Schritte nach Russland: Erzählung (German Edition) by Irina Liebmann

Drei Schritte nach Russland: Erzählung (German Edition) by Irina Liebmann

Autor:Irina Liebmann [Liebmann, Irina]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: eBook Berlin Verlag
veröffentlicht: 2013-03-11T17:00:00+00:00


3

Einmal werden wir daran denken. Ein Licht im dunklen Garten, ein Gespräch, das verstummt, eine Zigarette, die verlischt, eine Katze, die vom Stuhl springt und im Dunkel verschwindet. Eine Fernsehstimme aus der offenen Haustür, ein blecherner Eimer, der auf den Fliesen des Gartenweges scheppert, weil ihn jemand abgestellt hat, ein Schatten auf dem hellen Weg zum Gartentor, das war ein Kind.

– Sascha?

– Ich geh noch mal los.

– Komm nicht so spät.

– Nein.

Das war der Sommer. Die Nacht. Das Haus. Die Stille. Frieden.

Frieden in Moskau, Frieden im Sommer. Einfach so.

– Das wollte ich dir zeigen. Unser Leben hier.

Die hohen Bretterhaufen rings um das Haus sind jetzt nicht mehr zu erkennen, und vom Haus nur die offene Tür und dahinter ein Küchentisch.

– Für Ausländer tun die Leute bei uns jetzt alles. Sie reißen sich den Hintern auf, wenn sie solchen Besuch kriegen, alles soll vornehm sein für sie, fein. Ich nicht. Ich wollte, dass du alles so siehst, wie es ist.

War das der erste Abend, der letzte? Es war jeder Abend so.

Nastasja Petrowna kommt angetrippelt, die Professorenwitwe, hat eine Schale voll Himbeeren gebracht.

– Na, Mädchen, seid ihr noch wach?

Grelle Sonne am Tage. Ein Sommerwind bewegt die Äste der Bäume, jedes grün leuchtende Blatt wirft auch noch einen wackelnden Schatten auf die Laube, die drunter steht, auf deren grün gestrichene Bretterwände. Wer aus dem Haus tritt in dieses Flimmern des Lichts, kann den Morgen nur golden nennen, und haben die Augen sich daran gewöhnt, kann er Marina mit einem Beutel am Gartenzaun vorbeilaufen sehen.

– Ich hol jetzt den Quark!

Es summt in der Laube von Bienen und Wespen am Tage, und wenn wir ausreichend frischen Quark mit saurer Sahne und Himbeeren gegessen haben, Kaffee getrunken, und Marina hat ihre Tablette für die Augen genommen, ein teures Mittel, man hat es ihr aufgeschwatzt, ob das nun richtig war, es zu kaufen, sie weiß es nicht, aber nun nimmt sie es, dann wird in Ruhe geraucht. Der Bretterhaufen rings um das Haus, Bretterkranz eigentlich oder Bretterkragen, liegt am Tage natürlich nun auch in der Sonne. Das ist nun mal so, und den rührn wir nicht an, sagt Marina, denn das ist keine Arbeit für Frauen, und eh wir unsere Männer zusammenhaben, da haben wir uns so viel geärgert, dann ist die Zeit auch verdorben, also gewöhne dich an den Anblick!

Am Tage kommt Lisa, die krank ist und deswegen struppig, sie begrüßt uns, die große, scheckige Lisa, bekommt ein Stück Wurst und dann geht sie, kommt wieder zurück.

– Eine turkmenische Schäferhündin. So alt, wie sie ist, so klug ist sie auch, versteht alles, die arme Lisa.

– Warum denn arm?

– Weil sie bald sterben wird. Sie weiß es.

Dann folgen wir Lisa auch mal zu dem Haus, aus dem sie gekommen ist. Es sind nur ein paar Schritte, und schon stehen wir in dem Bild, das auf Marinas Laptop als Bildschirmschoner gespeichert war: die Blumenwiese. Und ebenso wie auf dem Foto ist unten im Tal ein Fluss zu sehen.

Am Tag gehen wir runter zum Fluss, Wasser holen.



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