Drake, Shannon - Vampires 02 - Bei Anbruch der Daemmerung by Drake

Drake, Shannon - Vampires 02 - Bei Anbruch der Daemmerung by Drake

Autor:Drake [Drake]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-07-20T04:00:00+00:00


11

Auf der Toteninsel zogen die Tage dahin. Sie schienen weder Anfang noch Ende zu haben. Lucian war es gleichgültig. Es war ein eigenartiges Dasein, aber er hatte es nicht anders erwartet, schließlich gehörte er nun zu den Untoten, den Schattenwesen dieser Erde.

Wulfgar war bei ihm geblieben, er hatte sich in die misshandelte Frau des verstorbenen Bauern verliebt. Die beiden waren glücklich miteinander und bestellten die Felder. Im Laufe der Zeit schlossen sich ihnen weitere Männer an, die ihr Schicksal in die Hände des seltsamen Häuptlings der Untoten legten. Manche stammten aus Schottland, manche aus Irland, Cornwall und Wales. Es kamen auch Normannen, Flamen, Norweger, Dänen und Schweden. Sie ließen sich auf der Insel nieder.

Und wenn sich die Gelegenheit ergab oder es notwendig wurde, fuhren sie mit ihren großen Segelschiffen hinaus. Die Entscheidung überließen sie ihrem Anführer, jenem Mann, der über die Meere hinweg als geheimnisvoller König der Toteninsel zur Legende wurde.

Igrainia kam immer im Morgengrauen zu ihm.

In jenen Tagen begegnete er ihr, indem er spürte, wie sie in sein dunkles Zimmer kam und sich neben ihn legte. Dann schlief er in dem Wissen, dass sie bei ihm war.

In der Abenddämmerung erwachte er und sie hatten Zeit füreinander. Und später, wenn er es wagte, einmal kurz wegzusehen, verschwand sie wieder.

»Warum musst du fort?«, fragte er sie oft.

»Warum musst du am helllichten Tag schlafen?«, erwiderte sie dann. »Weil ich jetzt ein Ungeheuer bin«, sagte er dann. »Und du wirst nie etwas anderes sein als ein Engel.«

»Es gibt viele Zwischenstadien zwischen Ungeheuern und Engeln, sehr viele Grauschattierungen zwischen Schwarz und Weiß«, erklärte sie ihm. »Es steht uns nicht zu, zu viele Fragen zu stellen.« Und er hütete sich, dieses Thema zu vertiefen.

Gelegentlich kam ein Schiff zu der Insel, und Männer suchten ihn auf. Grausame Horden fielen über den Norden her, die Küste Irlands hinab bis zur Normandie, ja sogar über Skandinavien. Von Zeit zu Zeit wurde ihm ein Bittgesuch vorgetragen. Igrainia hörte es mit ihm an und sagte ihm dann, er solle mit den Kriegern ziehen und in ihren Schlachten kämpfen.

Dann segelte er los. Immer, wenn er gegen solche Feinde kämpfte, merkte er, wie er selbst zunehmend verrohte, und obwohl andere ebenso unerbittlich kämpften, wunderte er sich doch, was aus ihm geworden war. Wulfgar meinte dazu, er befreie doch nur die Welt von Kreaturen, die weit schlimmer seien als er selbst.

Er grübelte, ob er denn das Recht hätte, zu entscheiden, welche Männer leben und welche sterben sollten. Wulfgar hielt ihm dann vor Augen, dass schließlich jeder sein Leben aufs Spiel setzte, wenn er in die Schlacht zog.

Immer wieder kamen Bittsteller zu ihm, die von dem König der Insel gehört hatten. Er pflegte mit Igrainia an seiner Seite in einem mit Schnitzereien verzierten Holzstuhl zu sitzen. Sie waren wie ein Königspaar, das Gesuche und die damit einhergehenden Huldigungen entgegennahm.

Und doch war Igrainia stets kurz nach Einbruch der Dunkelheit verschwunden.

»Sie ist ins Meer gefallen«, erklärte ihm Wulfgar eines Nachts. »Und das Meer hat sie wieder an die Oberfläche gebracht. Die Iren würden sie eine Selkie nennen.



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