Diebeswelt 01: Die Diebe von Freistatt by Asprin Robert Lynn (Hrsg.)
Autor:Asprin, Robert Lynn (Hrsg.) [Asprin, Robert Lynn (Hrsg.)]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00
Mein Lieb’ kommt zu mir wie der helle Morgen
Nach einer dunklen, traumerfüllten Nacht,
Mit goldnem Banner zieht sie in die Schlacht,
Und wirbelnd fliehn des Schattenlandes Horden …
Sie riß sich los und rief: »Nein, du Gauner! Das ist gewiß etwas, das du für Danlis gedichtet hast – oder für eine frühere Herzensdame, die du in dein Bett locken wolltest …«
»Aber es ist noch nicht fertig«, gab er zu bedenken. »Ich vollende es für dich, Illyra.«
Ihr Ärger legte sich. Sie schüttelte den Kopf, schnalzte mit der Zunge und seufzte. »Egal. Du bist unverbesserlich. Und ich – bin nur zur Hälfte eine S’danzo. Ich werde versuchen, ob ich etwas für dich sehen kann.«
»Bei allen Göttinnen der Liebe, von denen ich je hörte«, schwor er ihr unsicher, »du sollst dein eigenes Gedicht bekommen, sobald diese Sache überstanden ist.«
»Sei still«, befahl sie, »und schick alle fort, die in die Nähe kommen.«
Er drehte sich um und zog sein Schwert. Die schlanke gerade Klinge würde in diesem Fall jedoch kaum nötig sein, denn es befanden sich keine anderen Buden und Verkaufsstände in unmittelbarer Nähe, und ein breiter gepflasterter Streifen lag zwischen ihrem Verschlag und dem Rand des Gedränges. Aber immerhin gab ihm der Schwertgriff in der Hand das Gefühl, endlich Fortschritte zu machen. Er hatte sich in den ersten Stunden so hilflos und hoffnungslos gefühlt, als wäre seine Liebste tatsächlich gestorben und nicht … und nicht … was? Hinter sich hörte er, wie Karten gemischt, dann Würfel geworfen und schließlich unverständliche Worte geleiert wurden.
Plötzlich war, als würge Illyra an einem Schrei. Er wirbelte herum und sah, wie fahl das Olivbraun ihres Gesichts plötzlich geworden war. Sie drückte die überkreuzten Arme mit gebeugten Schultern an die Brust und schauderte.
»Was ist los?« platzte er mit neuer Furcht heraus.
Sie blickte ihn nicht an. »Geh weg!« flüsterte sie dünn. »Vergiß, daß du diese Frau je gekannt hast.«
»Aber … aber was …«
»Ich sagte doch, geh weg! Laß mich in Ruhe!«
Irgendwie ließ sie sich dann doch erweichen, wenigstens etwas zu sagen: »Ich weiß nichts. Ich wage nicht, etwas zu wissen. Ich bin nur ein unbedeutendes Halbblut, das ein paar Zaubersprüche kennt und hin und wieder das Zweite Gesicht hat – und so habe ich gesehen, daß diese Sache über Raum und Zeit hinausgeht und eine gewaltige Macht dahintersteckt. Enas Yorl könnte dir mehr darüber sagen, aber er ist selbst …« Ihr Mut verließ sie.
»Geh weg!« schrie sie, »ehe ich Dubro mit dem Hammer rufe!«
»Verzeih!« murmelte Cappen Varra und zog sich hastig zurück.
Er schlurfte durch die krummen Straßen des Labyrinths. Sie waren eng und die meisten der einfachen Häuser hier hoch. Schon jetzt herrschte Dämmerung hier. Es war, als wäre er in die gleiche Nacht gestolpert, die Danlis verschlungen hatte … Danlis, Geschöpf der Sonne und weiter Horizonte … Wenn sie am Leben war, ob sie sich da wohl an ihr letztes Zusammensein erinnerte, so wie er es tat, ein Traum, vor Jahrhunderten geträumt?
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