Die schwarze Finca: Kriminalroman (German Edition) by Freundlinger Eduard

Autor:Freundlinger, Eduard [Freundlinger, Eduard]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-11-01T04:00:00+00:00

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Unverhofft kam es doch anders: Der Zahnarzt praktizierte am Mittwochvormittag nicht, und auf Joanas Drängen hin überredete der Makler ihn, die Stunde Fahrt nach Almuñécar in Kauf zu nehmen, um sich die Immobilie anzusehen. Joana hatte die Wohnung seit den frühen Morgenstunden geputzt. Nachdem sie alle Fenster geöffnet hatte, verstaute sie zuerst die staubigen Familienfotos auf den Kommoden in einer Schublade des Kirschholzschranks im Salon. Erst danach begann sie die Wohnung zu reinigen. Mit jedem Spritzer Möbelpolitur kamen die Erinnerungen hoch und ließen sich nicht so einfach wie Familienfotos in geistige Schubladen verbannen.

Um halb zwölf Uhr klingelte der Makler mit seinem Kunden. Dr. Morales aus Granada war ein hagerer Mann, dessen schüttere Haare schlampig mit schwarzer Tönung übertüncht waren, während es aus seinen Ohren jedoch noch in grauer Naturfarbe wucherte. Er schritt mit auf dem Rücken verschränkten Armen und quietschenden Gesundheitsschuhen von Raum zu Raum.

Der Makler folgte ihm und kommentierte die Nutzungsmöglichkeiten der Zimmer: Dieser Raum wäre ideal als Behandlungsraum, während das Schlafzimmer das Wartezimmer werden könnte. Das Wohnzimmer böte sich als zweiter Behandlungsraum an. Die Küche könne man …

Eine Stunde später war man sich im Maklerbüro handelseinig. Señor Morales freute sich über den Sonderpreis von hundertfünfundsechzigtausend Euro. Der Makler rieb sich wegen der fünfzehntausend die Hände, die er auf Joanas Verkaufspreis kurz entschlossen als Provision aufgeschlagen hatte. Und Joana glaubte an ein Wunder, da Dr. Morales keine Hypothek benötigte und die Abwicklung vor dem Notar noch am Freitag erfolgen konnte. Ihr Anwalt hatte die Idee gehabt, die Wohnung direkt von ihrer Mutter auf den neuen Käufer einzutragen, was ihr die Eintragung ins Grundbuch ersparte. Somit waren alle Dokumente für den Notariatstermin am Freitag um elf Uhr morgens vorbereitet.

Am Nachmittag schrieb sie dem Pseudonym Carmen Campos eine Nachricht, dass sie Freitagmittag über das Geld verfügen werde und die Summe dann gleich gegen Carmen austauschen wolle. Danach beruhigte sich Joana zum ersten Mal seit ihrer Ankunft in Spanien und widmete den Nachmittag ihrer Familie. Um nicht alten Bekannten in Almuñécar über den Weg zu laufen, fuhren sie in den nahen Urlaubsort Nerja und versuchten, wie gewöhnliche Touristen durch den Ort zu schlendern. Nerja war voll mit britischen Urlaubern, deren jeweilige Heimatstadt man am Fußballtrikot des Juniors erkannte und die in Restaurants mit bebilderten Speisekarten herumlümmelten, wo sie Spaghetti bolognese aßen und sie mit einem halben Dutzend Pints herunterspülten.

Kilian und Joana kauften ihrem Sohn am Balcon de Europa, einer Aussichtsplattform über dem Meer, ein großes Schokoladeneis. Sie versuchten krampfhaft, am Grund ihres Aufenthalts in Spanien vorbeizureden. Aber nachdem das tolle Wetter und das Angebot der Läden ausreichend thematisiert war, verfielen sie in Schweigen.

Am nächsten Morgen besuchte Joana ihren Rechtsanwalt und den Makler, um sich zu vergewissern, dass für Freitag alles korrekt vorbereitet war und der Käufer nicht im letzten Moment noch seine Meinung geändert hatte. Gerade als sie aus der Bank kam, um die Auszahlung des Schecks zu avisieren, wäre sie beinahe mit Maite zusammengestoßen.

»Joana! Na, das ist ja eine Überraschung. Und mein kleiner süßer Prinz ist auch dabei«, freute sich Maite.

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