Die kleine Nini by Scherrer Sophie

Die kleine Nini by Scherrer Sophie

Autor:Scherrer, Sophie [Scherrer, Sophie]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783492965347
Herausgeber: Piper
veröffentlicht: 2015-05-13T16:00:00+00:00


Plötzlich haben mich zwei Arme umarmt und es roch nach Mama, und sie war da und hat mich ganz fest an sich gedrückt.

»Nini«, hat Mama leise gesagt und sie hat mir immer wieder sanft übers Haar gestrichen. »Meine arme, kleine Nini!«

Ich hab geweint und gesagt, dass ich nur Fanngoch will, nur Fanngoch, und dass er der Beste ist und dass man ihn nicht ersetzen kann, und Mama hat mich einfach nur gehalten und sie hat nicht gesagt: »Ich kauf dir ein neues.« Sie hat nur gesagt, dass das alles ganz furchtbar schlimm ist und dass sie weiß, wie unglücklich ich bin.

Ich weiß nicht, wie lange wir da so gestanden haben, Mama und ich und Fanngoch, den ich gegen meine Brust gedrückt hielt.

Irgendwann hab ich meinen Kopf gehoben und zu Mama hochgeschaut. »Ach Mama«, hab ich gesagt. »Es ist so ungerecht! Der arme Fanngoch! Er hat wirklich nicht viel vom Leben gehabt. Erst hat man ihm das eine Ohr abgebissen. Und dann hat Pepsi ihn ganz totgebissen.«

»Ja, ich weiß, Ninilein, ich weiß. Das ist wirklich schlimm. Aber in einem hatte Fanngoch doch sehr viel Glück. Denn er hat dich gehabt, auch wenn es nur für eine kurze Weile war«, hat Mama gesagt und mir eine Träne von der Backe gewischt.

»Aber manchmal hab ich gedacht, ich hätte lieber einen Hund. Und jetzt tut es mir leid, dass ich das gedacht hab, Mama.« Ich drückte mein Gesicht an ihr Kleid.

»Du musst kein schlechtes Gewissen haben, Spätzchen«, hat Mama da gesagt. »Weißt du, man kann sein Meerschweinchen sehr lieb haben und sich trotzdem einen Hund wünschen. In deinem Herzen ist doch Platz genug für alle, die du lieb hast.«

»Ja«, hab ich gesagt und dann hab ich auf mein totes Meerschweinchen geschaut. »Fanngoch hat immer einen Platz in meinem Herz«, hab ich gesagt. Und dann musste ich wieder ein bisschen weinen, denn Fanngoch ist der erste wirkliche Tote in meinem Leben. Zwar ist auch schon der Opa Hugo gestorben und auch der Mann von der Oma Anna, der Opa Fritz, aber ich kenne sie ja beide nur von Bildern und sonst leben noch alle aus meiner Familie.

»Warum hat Pepsi das nur getan?«, hab ich gefragt. Mama hat mich zur Gartenbank rübergeführt und dann hat sie mir das tote Meerschweinchen ganz sanft aus der Hand genommen und es neben uns auf die Bank gelegt. Die Sonne schien warm und es hätte alles so schön sein können.

»Pepsi kann nichts dafür«, hat Mama nach einer Weile gesagt. »Er ist ein Jagdhund und das ist sein Instinkt. Du darfst ihm nicht böse sein.«

Ich hab genickt, und dann hab ich darüber nachgedacht, dass es ja nicht nur um Fanngoch geht. Alle müssen sterben, und selbst wenn die Guten in den Himmel kommen, wie Frau Himmelreich sagt, sind sie doch erst mal weg, und es dauert noch ganz schön lange, bis man sich wiedersehen kann. Ich hab mir plötzlich gewünscht, dass alle, die ich lieb hab, mit mir zusammen sterben sollen, wir könnten alle dasselbe Flugzeug nehmen, und das stürzt dann ab und keiner müsste traurig sein.



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