Die geheime Stunde by Luanne Rice

Die geheime Stunde by Luanne Rice

Autor:Luanne Rice [Rice, Luanne]
Die sprache: deu
Format: mobi, epub
ISBN: 9783426414446
Herausgeber: Knaur eBook
veröffentlicht: 2011-11-28T23:00:00+00:00


13

Der Flug nach Washington weckte Erinnerungen an Willa, wie Kate ihre Schwester in der kleinen Cessna mitgenommen hatte, über dem Potomac gekurvt und nach Osten über endlose grüne Meeresbuchten zu den Sandstränden von Chincoteague geflogen war. Die Bilder, die ihr durch den Kopf gingen, waren so lebhaft und malerisch, dass sie immer noch den Geruch des Wassers, das dem Gezeitenwechsel unterworfen war, und des Besengrases in der Nase hatte. Sie dachte an Johns Arme, die sie umfangen hatten, spürte wieder seinen Kuss … und das Glück, einen Menschen erneut so zu berühren.

Gefolgt von der grauenvollen Realität dessen, was er ihr über Willa erzählt hatte, die Merrill über den Weg gelaufen war, seine Pläne durchkreuzt hatte …

Nach der Landung auf dem Reagan Airport hatte sie keine Lust, gleich nach Hause zu fahren. Sie verließ die Ankunftshalle und ging mit Bonnie unverzüglich zum Private Aviation Centre hinüber, in dem Firmen untergebracht waren, die Flugzeuge an Privatpiloten vermieteten. Sie schob ihre Amex-Karte über den Tresen und charterte den einzigen Viersitzer, der im Moment verfügbar war – die alte gelbe Cessna, mit der sie schon hundertmal in Begleitung von Willa geflogen war.

Das Cockpit war für sie ein zweites Zuhause. Die brüchigen Ledersitze, die Sonnenblende aus blauem Kunststoff, das altmodische Steuerpult. Bonnie rollte sich auf dem Sitz hinter ihr zusammen, in Erwartung des bevorstehenden Starts. Kate ging gewissenhaft ihre Checkliste durch, fuhr die Spreizklappen an den Tragflächen ein und stieg wieder in das endlose Blau des Himmels auf, das sie gerade erst hinter sich gelassen hatte, als sie gelandet war. Instinktiv griff sie zum Hals, um ihren Glücksbringer, den weißen Schal zu berühren.

Natürlich, sie hatte ihn ja Maggie gegeben. Der Schal – ein Geschenk von Willa, liebevoll ausgesucht und mit Geld von ihrem Sparkonto in einer Pariser Boutique gekauft – war Kates kostbarster Besitz gewesen. Die cremefarbene Seide schmiegte sich weich um den Hals, die Fransen verliehen der Trägerin ein elegantes und zugleich verwegenes Aussehen.

»Jede Pilotin sollte einen besitzen!«, hatte Willa gesagt.

Und genau deshalb hatte Kate ihn an Maggie weitergegeben. Das kleine Mädchen – so verletzlich und mutig – hatte Kate berührt und an ihre eigene Schwester im gleichen Alter erinnert. Sie dachte an Maggie, ihren Bruder und ihren Vater und fragte sich, was sie wohl gerade tun mochten … ihre beiden Familien waren untrennbar miteinander verbunden, auf eine tief greifende, magische Weise, die nur wenig mit dem Kuss zu tun hatte, dem Kuss auf dem Parkplatz, wo Willa verschwunden war, wo Johns Mandant sie vermutlich getötet hatte … diesem Kuss, den Kate immer noch spürte, der ihrem Körper signalisierte – ihren Nerven, ihrer Haut und ihrem Herzen –, dass sie noch lebendig war.

Seltsam, dachte sie. Meine Schwester ist tot, und ich lebe. Wie kann das sein? Sie hatte noch nicht richtig erfasst, was das zu bedeuten hatte. Die Realität geisterte durch ihre Gedanken, aber sie hatte den Weg zu ihrem Herzen, zu ihrem intuitiven Wissen noch nicht gefunden, hatte sie noch nicht von Kopf bis Fuß durchdrungen. Johns Kuss kam ihr realer vor als alles andere, ein seltsames und beunruhigendes Gefühl.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.