Die denkwürdigen Erlebnisse des Artur Gordon Pym by Edgar Allan Poe & Gisela Etzel

Die denkwürdigen Erlebnisse des Artur Gordon Pym by Edgar Allan Poe & Gisela Etzel

Autor:Edgar Allan Poe & Gisela Etzel [Poe, Edgar Allan & Etzel, Gisela]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Erzählung, Übersetzung
ISBN: 3548025161
Herausgeber: Ullstein
veröffentlicht: 1971-12-31T23:00:00+00:00


Zwölftes Kapitel

Ich hatte schon eine Zeitlang an die Möglichkeit gedacht, daß wir zu diesem letzten grauenvollen Schluß gelangen würden, und war im stillen entschlossen, lieber den Tod, in welcher Form immer, zu erleiden, als unter irgendwie gearteten Umständen ein solches Mittel ergreifen zu lassen. Die Entsetzlichkeit meiner Hungerqualen änderte nichts an der Festigkeit dieses Vorsatzes. Weder Peters noch Augustus hatten den Vorschlag vernommen. Daher nahm ich Parker beiseite, und indem ich innerlich zu Gott flehte, er möge mich in meinem Vorhaben stärken, suchte ich ihn von seinem gräßlichen Plan abzubringen. Ich rang lange Zeit mit ihm, bat und beschwor ihn, bei allem, was ihm heilig sei, bedrängte ihn mit jeglichem Vernunftsgrund, den die Lage mir eingab, er möchte den Gedanken aufgeben und den andern davon nichts sagen.

Er hörte alles an, ohne eine Widerlegung zu versuchen, und schon begann ich zu hoffen, daß er mir nachgeben würde. Aber als ich fertig war, sagte er: er wisse sehr gut, daß ich recht habe, daß die Zuflucht zu solchem Greuel das furchtbarste sei, wozu sich ein Mensch entschließen könne; aber jetzt habe er so lange geduldet, wie die menschliche Natur es zulasse; es sei unnütz, daß alle zugrunde gehen sollten, wenn es möglich und wahrscheinlich sei, daß der Tod des einen die andern retten werde; ich möchte mir nur keine Mühe mehr geben, ihn von seinem Vorhaben abwendig zu machen, sein Entschluß habe schon vor dem Erscheinen des Schiffes festgestanden und nur sein Insichtkommen habe ihn daran gehindert, diese Absichten schon früher kundzutun.

Jetzt bat ich ihn, er möge den Plan wenigstens aufschieben, es könne noch immer irgendein Schiff uns zu Hilfe kommen; wiederum kam ich mit jedem Beweisgrund, von dem ich dachte, er würde auf seine rauhe Natur von Einfluß sein. Er erwiderte, er habe nicht eher gesprochen, als bis er nicht mehr anders konnte; eine längere Existenz ohne Nahrung sei unmöglich, am nächsten Tag würde, wenigstens was ihn beträfe, sein Vorschlag zu spät kommen.

Da ihn gar nichts von dem, was ich in sanftem Ton vorbrachte, zu rühren vermochte, schlug ich jetzt einen anderen Weg ein; ich sagte ihm, er müsse sehen, daß ich weniger als die übrigen gelitten habe, daß meine Gesundheit und Kraft größer sei als ihre, kurz und gut, daß ich Gewalt anwenden würde, falls es nötig sei, und ihn, sollte er jenen seine blutigen Kannibalengedanken enthüllen, ohne Zögern ins Meer werfen würde. Darauf packte er mich beim Hals, zog sein Messer und versuchte wiederholt, es mir in den Magen zu stoßen; nur seine außerordentliche Schwäche verhinderte ihn an der Ausführung dieser Gewalttat. Nun flammte aber mein Zorn hoch auf, ich drängte ihn an die Brüstung in der festen Absicht, ihn über Bord zu stoßen. Doch rettete ihn die Dazwischenkunft von Dirk Peters, der uns trennte und fragte, was denn los sei. Ehe ich Parker daran hindern konnte, hatte er schon den Grund des Zerwürfnisses mitgeteilt.

Die Wirkung seiner Worte war noch weit entsetzlicher, als ich es mir vorstellte. Sowohl Augustus wie auch Peters, die offenbar längst im stillen den gleichen



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