Die andere Familie by Joanna Trollope

Die andere Familie by Joanna Trollope

Autor:Joanna Trollope [Trollope, Joanna]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
Herausgeber: Berlin Verlag
veröffentlicht: 2015-06-12T16:00:00+00:00


Bernie Harrison bat Scott Rossiter, sich mit ihm in seinem Büro zu treffen. Er hatte zunächst überlegt, gemeinsam etwas trinken zu gehen, aber das kam ihm zu gesellig vor, er wollte es etwas geschäftsmäßiger halten und sich Scotts volle Aufmerksamkeit sichern. Also hatte er beschlossen, dass ein Treffen in seinen Büroräumen nicht nur diese beiden Zwecke erfüllen, sondern außerdem Scott einen Eindruck von der Größe und Bedeutung der Bernie Harrison Agentur verschaffen würde.

Er kannte Scott fast dessen ganzes Leben lang. Er erinnerte sich noch gut an den kleinen Jungen, der bei den Großeltern in einem der einfachen, gemeindeeigenen Backsteinhäuser auf dem Chirton Estate in North Shields gelebt hatte. Richies Eltern waren in das Haus gezogen, als Richie fünf Jahre alt gewesen war. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren sie zunächst als »obdachlos« eingestuft worden, was damals bedeutete, ein verheiratetes Paar zu sein, das noch bei seinen Eltern leben musste. Und dann, eine Generation später, ging es Richie und Margaret genauso, als Richies Talent noch keine Goldgrube war und er schlecht bezahlte Auftritte in obskuren Häusern annehmen musste, als Margaret Sekretärin in einer Anwaltskanzlei in North Shields war und Scott ein Baby, das tagsüber von seiner liebenswerten, aber unfähigen Großmutter betreut wurde. Später änderte sich natürlich alles. Nach Richies Entdeckung bei einer Talentshow für Yorkshire Television wurde alles anders. Das Haus auf dem Chirton Estate wurde gegen ein kleines Reihenhaus in Tynemouth getauscht und dann gegen eine sehr viel größere Doppelhaushälfte mit einem ansehnlichen Garten. Als Scott die Grundschule verließ, verließ er auch das staatliche Schulsystem und bekam einen Platz in der King’s School in Tynemouth, für den Schulgeld bezahlt werden musste. Richie und Margaret wären vor Stolz fast geplatzt, als Scott an der King’s School angenommen wurde.

Bernie streckte ihm seine große Hand hin. »Scott, mein Junge.«

Scott ergriff seine Hand. »Mr Harrison …«

»Bernie, bitte.«

Scott schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht, Mr Harrison. Tut mir leid.«

Bernie deutete auf einen ledernen Ohrensessel. »Schön, Sie zu sehen. Nehmen Sie Platz.«

»Ist das Ihr Stuhl?«

Bernie zwinkerte. »Das sind alles meine Stühle, Scott.«

Scott bemühte sich um ein kleines Lächeln und ließ sich auf dem Sessel nieder. Er hatte eine recht genaue Vorstellung, warum Bernie ihn sprechen wollte, und eine noch bessere Vorstellung davon, was er darauf erwidern würde. Er hatte Margaret nicht erzählt, dass Bernie ihn hierhergebeten hatte, aber er würde ihr hinterher von dem Treffen berichten. Er empfand im Moment eine große Zuneigung für sie und wollte sie beschützen. Als er sie neulich Abend gefragt hatte, ob sie jemals das Gefühl hätte, es gebe vielleicht irgendjemanden oder irgendetwas da draußen, das sie aus der Leere, aus der Selbstblockade befreien könnte, hatte sie geantwortet: »Ach, Schatz, weißt du, man hofft und hofft, dass irgendjemand anders kommt und das für einen übernimmt, aber am Ende muss man es selbst bewerkstelligen, und die traurige Wahrheit ist, dass manche es schaffen und manche nicht.« Und dann hatte sie seine Hand genommen und noch einmal gesagt: »Manche schaffen es einfach nicht«, und er meinte plötzlich für den Bruchteil einer Sekunde, sie



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