Die Wiederaufnahme zuungunsten des Angeklagten im Strafverfahren by Teresa Frank

Die Wiederaufnahme zuungunsten des Angeklagten im Strafverfahren by Teresa Frank

Autor:Teresa Frank
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Walter de Gruyter
veröffentlicht: 2022-07-15T00:00:00+00:00


I. Verfassungsrechtliche Verankerung des „ne bis in idem-Grundsatzes“

Der „ne bis in idem-Grundsatz“ fand 1946 Einzug in die ersten Landesverfassungen. So regelte beispielsweise die Bayerische Verfassung1357 in Art. 104 Abs. 2, dass niemand wegen derselben Tat zweimal gerichtlich bestraft werden dürfe. Die Verfassung von Württemberg-Baden enthielt eine entsprechende Regelung.1358

Diese Bestimmungen dienten neben derjenigen der Länder Hessen und Württemberg-Hohenzollern als Vorbilder für Art. 136 Abs. 2 des vom Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee erarbeiteten Entwurfs eines Grundgesetzes.1359 Der Verfassungskonvent sah eine unabhängige, unpolitische und rein sachlich eingestellte Rechtspflege als ein „besonders wichtiges Erfordernis“ und zugleich als „unentbehrliche Bürgschaft des Rechtsstaats“.1360 Auf diesem Gebiet habe das nationalsozialistische Regime ein großes Vertrauenskapital zerstört. Deshalb müsse das Grundgesetz die schon in den Landesverfassungen in Angriff genommene Aufgabe, die Rechtspflege von Grund aus aufzubauen, fortsetzen.1361 Gerade im Hinblick auf den „ne bis in idem-Grundsatz“ sollte eine Formulierung gefunden werden, welche geeignet erschien, den „in der nationalsozialistischen Zeit eingerissenen Mißbräuchen für die Zukunft den Boden zu entziehen“.1362

Im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland,1363 das am 23. Mai 1949 verkündete wurde, verankerte man das Doppelbestrafungsverbot schließlich in Art. 103 Abs. 3 in der Form, dass niemand wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden dürfe.

Im Ausschuss für „Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege“ wurde zuvor noch diskutiert, ob diese Vorschrift überhaupt in das Grundgesetz aufgenommen werden sollte, da man sich einerseits über deren konkrete Formulierung1364 nicht einigen konnte und andererseits von manchen dieser Satz als allgemein anerkannt und damit für entbehrlich gehalten wurde.1365

Für die Aufnahme in das Grundgesetz hat man sich letztlich in Anlehnung an die Ausführungen des Vorsitzenden Zinn entschieden, der die verfassungsrechtliche Verankerung des „ne bis in idem-Grundsatzes“ befürwortete, da die Rechtsprechung in der Nazi-Zeit in Durchbrechung des Grundsatzes der materiellen Rechtskraft des Urteils die sog. Urteilsergänzung ermöglicht habe.1366 Dies sei auch der Grund dafür gewesen, dass man das Doppelbestrafungsverbot in den Herrenchiemseeer Entwurf aufgenommen habe.1367



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