Die Weihnachtsmannfalle by Thorsten Nesch

Die Weihnachtsmannfalle by Thorsten Nesch

Autor:Thorsten Nesch
Die sprache: deu
Format: mobi, epub
veröffentlicht: 2015-10-30T23:00:00+00:00


«Nein!»

Er macht auf mich einen etwas sprachlosen Eindruck. So richtig ertappt. Beinahe, als wollte er uns etwas nehmen, anstatt zu geben.

«Doch», sage ich.

«Pfff … die werden sich schon noch wundern … nächstes Jahr dann. Nicht an mich glauben, das gibt’s ja nicht, dann gibt es natürlich auch keine Geschenke. Nur für die, die an mich glauben, wie du, Jo.»

«Das ist Gerechtigkeit», sage ich und denke, toll, der Weihnachtsmann kennt meinen Namen. Ich strahle ihn an, und ich strahle die Geschenke unter dem Weihnachtsbaum an.

«Und?» Ich schiele zu den bunten Kartons. Es sind keine allzu großen dabei, vielleicht ist mein Dino ja ein Bausatz. «In welchem ist der Tyrannosaurus?»

«Der was?»

«Der Hartgummi-Tyrannosaurus-Rex, ferngesteuert, einen Meter fünfzig groß, Geschwindigkeit achtunddreißig Stundenkilometer! Damit will ich doch meinen kleinen Bruder in die Flucht schlagen.»

«Keine Ahnung.»

«Na, pfff, du musst doch wissen, was du uns Kindern schenkst.»

«Das ist … äh … ausgesourct.»

«Was für eine Wurst?»

«Dafür sind … meine … Rentiere zuständig.»

«Die am Schlitten?»

«Ja.»

«Wo ist der Schlitten überhaupt?»

«Äh, der steht bei den Bergmanns um die Ecke», nuschelt der Bärtige.

«Schade.» Von hier aus kann ich ihn nicht sehen.

Ich gehe ein paar Schritte auf den Weihnachtsmann zu, und er weicht zurück bis an die Wand neben dem Fenster. Als hätte er Angst vor mir. Also bleibe ich stehen.

Ich betrachte ihn etwas genauer. Eigentlich fällt mir nur ein Detail auf, das ich weder in Filmen noch in Bilderbüchern gesehen habe – seine behaarten Fingerknöchel. Wie bei Onkel Sascha aus Haslach. Wenn er nicht so nuscheln würde … denn diese Hotzenplotznase …

«Du hast schon ein bisschen Ähnlichkeit mit meinem Onkel Sascha», sage ich.

Er überlegt. «Wie irgendwer muss ich ja aussehen.»

«Hmh …»

«Höre ich aber nicht zum ersten Mal.»

«Nicht?», frage ich.

«Dein Cousin hat das vor zwei Jahren auch mal gesagt. Muss wohl was dran sein. Ist er denn nett, dein Onkel?»

«Geht.»

«Wie: geht??»

«Na ja, wenn er uns besucht, ist er der Einzige, der nie was Süßes mitbringt.»

«Das ist nicht gut für die Zähne!»

«Und das sagt der Weihnachtsmann.»

«Vielleicht hat er einfach noch nie daran gedacht», nuschelt er.

«Pfff, das ist doch nicht schwer, daran zu denken, ich meine, alle Kinder mögen Süßes, aber er arbeitet ja auch nur im Lager bei Stiesel.»

«Er leitet das Lager!»

«Papa sagt immer: der Lager-Onkel.»

«D-d-d…» Er knetet das obere Ende des Sackes, als ob er Wasser aus einem nassen Hemd wringen will.

Dann lehnt er den Sack an die Wand und schreitet an mir vorbei zum Weihnachtsbaum. Er nimmt das erste Geschenk und dreht und wendet es.

«Was tust du da?», frage ich.

«Aha!», ruft er beim zweiten bunten Karton und klemmt ihn sich unter den Arm.

«Hey! Lass meine Geschenke!»

«Keine Sorge, das ist keins von deinen», sagt er und hält es mir hin. Auf dem Kärtchen steht ‹Ein fröhliches und gesegnetes Weihnachtsfest, lieber Stefan›.

Ich atme durch. «Ach so, das ist für Papa», sage ich erleichtert.

«Ja, keine Panik.»

Er öffnet den Sack und will es hineinstecken.

Irgendetwas in mir findet, dass das nicht ganz richtig ist, auch wenn es nicht mein Geschenk ist. «Warte mal!»

«Was?»

«Das muss hierbleiben.»

«Warum?»

«Das ist doch für meinen Papa.»

Erst presst er die Lippen zusammen, dann sagt er doch noch etwas: «Der war nicht brav, dieses Jahr, dein Papa.



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