Die Wandlerin by Mona Stärck

Die Wandlerin by Mona Stärck

Autor:Mona Stärck [Stärck, Mona]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783944607283
Herausgeber: editionfredebold
veröffentlicht: 2015-10-26T00:00:00+00:00


Kapitel 13

Elfen

Kelitiah hob einen Tannenzapfen vom Boden auf und blies die dünne Schneeschicht herunter, bevor sie ihn zu dem restlichen Feuerholz auf ihren Arm lud. Die Mühe wäre nutzlos gewesen hätten sie Aavon nicht dabei. Seine Magie brachte ihr Lagerfeuer auch jetzt noch in Gang, und ohne seinen Wärmezauber und Zayrens natürliche Körperwärme wären sie vor mehreren Nächten erfroren. Mit Schnee hatte keiner gerechnet, - nicht im Spätsommer - doch offenbar waren sie weiter nach Norden vorgedrungen, als gedacht und als die Gebiete der Menschen reichten, in ein Land, wo es nur Nadelwälder, Eis und Schnee gab. Kelitiah hatte keine Kleidung mitgenommen, die sie vor der Gewalt eines plötzlichen Schneesturmes schützen konnte. Der Wind fuhr mühelos durch den Umhang bis auf ihre Haut. Ärgerlich zog sie mit der freien Hand den dünnen Stoff enger um sich.

„Du solltest lernen, auf Geräusche zu achten.”

Kelitiah fuhr herum, das gesammelte Holz krachte auf den Boden, als sie nach dem Heft ihres Schwertes griff. Im nächsten Moment verfluchte sie ihre verschreckte Reaktion.

„Hör‘ endlich auf dich anzuschleichen”, fauchte sie zurück. „Eines Tages erkenne ich dich vielleicht zu spät.”

Aavon zog die Mundwinkel nach oben, doch ein vollständiges Lächeln wurde daraus nicht. Er lächelte ohnehin nur selten. „Danke für deine Sorge.”

Ebenso wie sie im tiefsten Inneren Respekt für Aavon empfand, wusste sie auch, dass er sie respektierte. Es war die Grundlage dafür, dass sie grob miteinander umgehen konnten, ohne einander zu verletzen. Mehr erwartete und wollte sie nicht, doch da war dieser eine Gedanke, der sie jeden Tag mehr beunruhigte. Sie hatte das Bedürfnis, mit jemandem darüber zu sprechen, und wenn sie die Dinge richtig einschätzte, war Aavon der richtige Mann dafür. „Ich sorge mich tatsächlich”, gab sie zu, um einen beiläufigen Ton bemüht. „Aber nicht um dich. „Ich mache mir Sorgen um Mella.”

Aavon wischte sich die dunklen Haarsträhnen aus der Stirn, eine rastlose Geste und eine nervöse Angewohnheit von ihm. Kelitiah dachte nicht zum ersten Mal, dass sein Gesicht auf seine eigene Art gutaussehend war, mit den dunklen Stoppeln auf Wangen und Kinn und den durchdringenden, kohlschwarzen Augen. Doch die Schatten unter diesen Augen wurden immer dunkler, und sie war sich nicht sicher, ob sie ihn während ihrer Reise überhaupt schon einmal schlafend gesehen hatte.

„Mella kann auf sich selbst aufpassen. Sie kann sich verteidigen. Ich muss es wissen.”

Die Antwort klang müde und abgenutzt. Kelitiah nahm seine Worte als Zeichen dafür, dass er heute nicht zum ersten Mal an Mella dachte. Jetzt, Wochen nach ihrem Abschied von Mella glaubte sie, dass ihre kleine Schwester mit Aavon getan hatte, was sie mit jedem tat. Sie fasste Vertrauen und erntete dafür im Gegenzug Zuneigung, und zwar mit einer Mühelosigkeit, die Kelitiah bewunderte. Es würde sie nicht wundern, wenn Mella aus ihrem Mentor einen Freund gemacht hatte.

Kelitiah klaubte das feuchte Holz vom Boden auf und lud es auf ihren Arm. „Mella kann sich verteidigen, keine Frage, aber sie handelt oft rein aus dem Bauch heraus, und ihr Wunsch nach Frieden und Harmonie ist leider stärker entwickelt, als ihr gesundes Misstrauen.“

Aavon nickte, sagte aber nichts dazu.



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