Die Wahrheit deiner Berührung by Meredith Duran

Die Wahrheit deiner Berührung by Meredith Duran

Autor:Meredith Duran
Die sprache: deu
Format: azw3, epub
ISBN: 9783802590191
Herausgeber: LYX
veröffentlicht: 2013-02-13T23:00:00+00:00


10

Kurz vor Mittag des nächsten Tages saß Mina in einem Zug, der sie über Plymouth und Penzance nach Providence bringen würde. Sie hatte noch nicht einmal dafür kämpfen müssen, dass sie Ashmore begleitete. »Ich kann kaum von Ihnen verlangen, dass Sie zurückbleiben, schließlich geht es um Ihre Mutter«, hatte er achselzuckend erklärt und ihr sogar die Pistole wieder ausgehändigt, die sich jetzt in dem Pompadour auf ihrem Schoß befand. Es war eine Seltenheit in ihrem Leben, dass ein Mann ihren Wünschen voll und ganz nachkam, wenn er selbst kaum einen Vorteil davon hatte. Genau genommen war es das erste Mal. Sogleich hatte sich ein Gefühl des Triumphes und der Dankbarkeit bei ihr eingestellt, wenn auch gekoppelt mit einer gehörigen Portion Unbehagen.

So unauffällig wie möglich blickte sie zur Seite und betrachtete sein Profil. Er hatte es sich in dem Sitz neben ihr gemütlich gemacht und las die Zeitung. Eingedenk der Tatsache, dass dieser Mann vor noch nicht einmal vierundzwanzig Stunden die Unverfrorenheit besessen hatte, sich lauthals Gedanken über die Farbe ihrer Brustwarzen zu machen, wirkte er jetzt wie die Tugend in Person. Bei dem Gedanken an seine Spekulationen kroch ihr die Röte in die Wangen, und ihr Blick wanderte wie von selbst zu seinen Lippen.

Sein Mund verzog sich. Er wusste, dass sie ihn beobachtete.

Mina wandte den Kopf ab und sah aus dem Fenster.

Warum ermutigte er sie? Das ließ vermuten, dass er ein neues Motiv hatte, eines, das sie erst noch in Erfahrung bringen musste, um sich einen Plan zurechtlegen zu können. Nahm er diese Reise womöglich nicht ernst? Dabei hatte es den Anschein gehabt, als hätte er ihr interessiert zugehört. Ein einziger Satz im Brief ihrer Mutter hatte sie aufhorchen lassen: Ich überlasse mein Wohlergehen der Vorsehung und um meinetwillen bitte ich dich, es mir gleichzutun. Der Satz an sich barg nichts Besonderes. Da er jedoch aus der Feder ihrer Mutter stammte, mutete er ein wenig seltsam an. Ihre Großmutter väterlicherseits hatte diesen Spruch sehr geschätzt und nach dem Tod von Minas Vater, der die beiden Frauen verarmt zurückgelassen hatte, wuchs er sich zur Antwort auf jede Sorge aus, mit der ihre Mutter aufgewartet hatte. Schon nach kurzer Zeit war er zu einer spöttischen Redensart geworden. »Die Vorsehung hat noch nie jemandem Geld zugesteckt«, hatte ihre Mutter manches Mal gesagt. Doch erst in dem Moment, in dem Mina zufällig in Ridlands Atlas gesehen hatte, war ihr die Bedeutung des Satzes klar geworden. Unweit von Land’s End im Süden Englands gab es ein Küstendorf mit dem Namen Providence, was so viel wie Vorsehung oder Schicksal bedeutete.

Ashmore für seinen Teil hatte keinerlei Einwände erhoben, hatte sich aber eingehend danach erkundigt, ob ihre Mutter für eine solche Botschaft gewieft genug war. Eine Frage, die Mina nicht sonderlich erfreut hatte. Noch im selben Moment hatte er sich bei ihr in aller Form entschuldigt. Entschuldigt! Der besserwisserische, tyrannisierende Autokrat hatte sich bei ihr entschuldigt – und sie anschließend eingeladen, mit ihm das Dinner einzunehmen. Sie hatten das Esszimmer im Erdgeschoss benutzt, und das Gespräch bei Tisch hatte sich sehr angenehm gestaltet.



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