Die Vollidioten : Ein historischer Roman aus dem Jahr 1972 by Eckhard Henscheid
Autor:Eckhard Henscheid [Henscheid, Eckhard]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
Herausgeber: Zweitausendeins
veröffentlicht: 1977-12-31T23:00:00+00:00
Die Absender müÃten dabei ihren Namen aus Gründen der Geheimhaltung verschweigen und den Brieftext so abfassen, daà die Empfänger sowohl die fiktiv-wirklichen als auch völlig falsche Absender erraten könnten. Dabei käme wahrscheinlich Folgendes heraus:
Frl. Czernatzke erkennt (richtig) Herrn Jackopp (kommt nicht). Herr KloÃen wittert niemand (kommt). Frl. Majewski wittert mich (kommt nicht). Herr Stefan Knott wittert alles Mögliche (kommt). Frl. Witlatschil wittert Herrn Jackopp (kommt nicht). Herr Rösselmann wittert irgendeine Barbara (kommt, aber ganz vorsichtig). Frau Johanna Knott wittert irgendetwas Psychologisches (kommt). Herr Johannsen wittert etwas Undurchschaubares (kommt nicht). Frl. Bitz wittert Herrn Jungwirth (kommt nicht). Der junge Herr Mentz wittert grundlos Frl. Majewski (kommt). Frau Heidi Knott wittert wegen allgemeiner Aufgeregtheit nichts (kommt nicht). Herr Jackopp wittert entweder grundlos Frl. Czernatzke (kommt) oder er kommt ohnedies aus blindem Zufall vorbei.
Es säÃen also zu einer von uns bestimmten Zeit in einem Lokal Herr KloÃen, Herr Stefan Knott, Herr Rösselmann, der junge Herr Mentz, Herr Jackopp und Frau Johanna Knott. Was mochten diese sechs einander sagen, was miteinander treiben? Herr Peter Knott, Herr Domingo und ich wollten jedenfalls aus dem sicheren Hinterhalt die Vorgänge beobachtenâ¦
Ach, das war doch kein so besonders schönes Spiel. Darum erfanden wir, weil bis zum Bürofest noch eine halbe Stunde Zeit blieb, ein anderes. Jeder von uns drei Herren sollte sich abwechselnd ans Fenster stellen und den beiden anderen über das Treiben unten auf der StraÃe berichten. Zuerst war Herr Knott dran, der, während Herr Domingo und ich kreuz und quer auf dem Sofa herumlagen, recht farbig die Sinfonie von Verkehr und Gegenverkehr zum Ausdruck zu bringen verstand. Nach zehn Minuten muÃte ich an die Arbeit und widmete mich dabei insbesondere der mehrfach und schwungvoll vorbeirauschenden StraÃenbahn. Herr Domingo schlieÃlich, dem die StraÃe ja gewissermaÃen Spezialgebiet ist, lieferte eine groÃartige Schilderung eines alten Mannes, der schräg die StraÃe zu überqueren versuchte, dabei nach links und rechts in einer Art Selbstverteidigung mit seinem Spazierstecken drohte und schlieÃlich doch etwa in der Mitte der Fahrbahn wieder kehrt machen muÃte, in äuÃerst gebückter Haltung zum Ausgangs-Gehsteig zurückkroch, es dann an einer anderen Stelle nochmals versuchte, erneut scheiterte und schlieÃlich aufgab und auf dem Ursprungs-Bürgersteig weiter trabte.
Und dann war es auch schon Zeit, diese unsere muntere nachmittägliche Herrenwelt zu beenden und zum Bürofest aufzubrechen. Herr Knott schrieb noch schnell einen Zettel: »Hallo, Johanna, bin auf dem Bürofest. Dein â na wer denn schon â Peter.« Eine spritzige moderne Eheâ¦
Während wir dann so vor uns hinschritten, brachte ich die Rede erneut auf Herrn Jackopp, der jetzt wohl daheimsitze und gerade mit dumpfem Schnauben seinen von uns allen mit Spannung erwarteten Brief zuende bringe. Als ich das sagte, grinste mich Herr Knott wieder wie vorhin schon so ungeniert an, daà ich direkt verlegen wurde. Dagegen trug Herr Domingo vor, ihn würde vor allem der Satzbau des Jackoppâschen Briefes interessieren. Ob Herr Jackopp nämlich mehr mit dem Hemingwayâschen Pathos der kurzen, frostigen, knalligen Sätze operierte oder mehr mit den hochkomplizierten syntaktischen Figuren Adornoâscher Prägung. Er persönlich, sagte Herr Domingo und zupfte an seinem Bart, tippe mehr auf Hemingway, der gelte in der Schweiz vermutlich noch immer als modern und schick.
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