Die Unbeugsame by Lander Leena

Die Unbeugsame by Lander Leena

Autor:Lander, Leena [Lander, Leena]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: btb Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
veröffentlicht: 2014-07-09T22:00:00+00:00


Von der Tür her hört man leises Klopfen. Hallenberg wirft Aaro einen verwunderten Blick zu.

»Herein!«

Auf der Schwelle steht Frau Hallenberg in einem über den Boden schleifenden Satinmorgenmantel. Mit hängenden Schultern und kraftlos herabhängenden Armen.

»Was jetzt?«, fragt der Richter und steht auf.

Die Frau hebt das von Tränen streifige Gesicht.

»Es ist tot.«

»Was? Und wo?«

Frau Hallenberg sinkt in die Arme ihres Mannes.

»Das Aalkind«, flüstert sie. »Es ist ungefähr fünf vor halb elf gestorben.«

Mechanisch streicht Hallenberg seiner Frau über das Haar.

»Na, so was«, sagt er. »Und du hast dich doch so gut darum gekümmert. Dass das nun so kommen musste.«

Ein neuer Tränenstrom ergießt sich über Frau Hallenbergs Wangen.

»Ich versteh das nicht, was habe ich falsch gemacht?«

»Nichts, Liebling«, versichert der Richter, plötzlich erfüllt von der Energie des treusorgenden Gatten. »Überhaupt nichts. So etwas kommt vor. Es wird schon wieder. Du brauchst jetzt ein Glas Wein. Ich gehe es selbst holen.«

Er stützt seine Frau und führt sie zu dem grünen Samtsofa.

»Setz dich. Ich bin nur einen Augenblick fort. Jäger Harjula|… Aaro wird dir inzwischen Gesellschaft leisten.«

Er schlüpft auf den dunklen Korridor hinaus und lässt einen verlegenen Mann mitten in einem seltsamen Drama zurück. Ich sollte ihr sicherlich ein Taschentuch reichen, denkt Aaro. Aber einen blutigen Lappen kann man niemandem zumuten. Dergleichen würde nicht einmal als gentlemanlike gelten.

Frau Hallenberg holt selbst ein Taschentuch aus dem lachsfarbenen Ärmel und bedeckt sich mit den Schößen des Morgenmantels die Knie.

»Ein trauriger Abschluss für einen schönen Tag, findest du nicht auch, Aaro?«

Aaro hört die Frage kaum.

Ich muss zu ihr. Und herauskriegen, was hier passiert ist.

»Das ist es.«

Die Frau lacht.

»Du hältst mich bestimmt für ein gefühlsduseliges Dummchen. Weil ich weine wegen eines Fischs.«

Hallenberg hat sich verändert, daran besteht kein Zweifel mehr, denkt Aaro. Aber diese düstere Geheimnistuerei kann nicht nur an diesem anstrengenden (und zauberhaft hübschen) Püppchen von Ehefrau liegen.

»Durchaus nicht.«

»An allem ist diese Geschichte über das Karibische Meer schuld«, erklärt sie. »Die war so rührend.«

Aaro holt die Schachtel heraus, in der er seine selbst gedrehten Zigaretten aufbewahrt.

»Das war sie. Stört es dich, wenn ich rauche?«

Die Frau schüttelt den Kopf, wedelt aber mit der Hand vor dem Gesicht, sobald Aaro den ersten Rauch ausbläst.

»Oder vielleicht hat sich mir das alles hier auf die Nerven geschlagen«, sagt sie. »Letztlich ist das hier ein fürchterlicher Ort. Unnatürlich. Ich sollte gar nicht hier sein. Niemand sollte hier sein.«

»So ist es.«

Frau Hallenberg hebt den Blick. Ihre Stirn legt sich in Falten.

»Die ganze Zeit stimmst du mir zu. Egal, was ich sage. Auf diese Weise kommt kein Gespräch zustande.«

Wo ist das kleine Mädchen geblieben?, fragt sich Aaro unversehens. Will sie mich beeindrucken? Auf den Handelsreisen kam das manchmal vor. Nicht oft. Die Frauen wandelten sich, wenn ihr Ehemann sich entfernt hatte. Und was gab es da zu widersprechen. Verheiratete Frauen brauchte man nicht zu fürchten so wie die jungen Mädchen. Sie waren nicht beängstigend anspruchsvoll und zugleich voller Verachtung, träumten nicht von einer glänzenden Zukunft mit einem zufällig Durchreisenden. Und selbst wenn sie davon träumten, dann würde die Familie doch immer den Sieg über ihre Fantastereien davontragen. Ihnen genügte ein kurzer, hemmungsloser Augenblick, nach dem sie eher von ihm fortstrebten.



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