Die Umkehrung der Liebe by Colombo Maria Paola

Autor:Colombo, Maria Paola [Colombo, Maria Paola]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Blessing
veröffentlicht: 2015-10-24T16:00:00+00:00

Süden

Die bunten Papierfähnchen flatterten im Wind. Opa Gaetano hatte die Leiter geholt und sie in zwei Reihen zwischen den Bäumen, die den Hof begrenzten, aufgehängt.

»Lass dir doch von Domenico helfen, Papa, die Arbeit ist gefährlich«, riet Mariarosa ihm, die hin und her schwirrte und jetzt Tabletts voller Pizzastücke zu den Tischen auf der Terrasse trug.

Oben auf der Leiter schüttelte Gaetano den Kopf. Wenn er seine Oliven beschnitt, kletterte er tagelang in Bäumen herum. Wieso sollte es ihm da schwerfallen, die paar Fähnchen aufzuhängen?

»Sei vorsichtig, Gaeta’!« Von ihrem Korbstuhl unter einem Feigenbaum aus überwachte Oma die Arbeiten. »Mariarosa, stell auch noch einen Teller mit Mandelplätzchen auf den Tisch.«

»Die essen die Kinder nicht.«

»Warum denn nicht?«

»Weil …« Eigentlich hatte Mariarosa keine Ahnung, warum ihren Kindern und deren Freunden die Mandelplätzchen mit der Kruste aus Zucker und Eiweiß nicht schmeckten. »Die sind ihnen wohl zu hart und zu schlecht zu kauen.«

»So ein Unsinn! Die hab ich erst letzte Woche gebacken. Die zergehen auf der Zunge, so weich sind die.« Gekränkt zog Großmutter eine Augenbraue hoch.

»Ich bringe einen Teller«, steckte Mariarosa zurück, »die Erwachsenen sind zumindest ganz verrückt danach. Letztes Mal hat mich Linda nach dem Rezept gefragt.«

»Hmm«, brummte ihre Mutter, und man merkte, dass sie noch nicht besänftigt war. »Ihr müsstet mal mitbekommen, wie ein Krieg schmeckt, dann wüsstet ihr Bescheid.«

Sie war der Meinung, dass so ein Krieg ein obligatorischer Schritt in der Erziehung jedes jungen Menschen sein sollte, ähnlich wie die Mittlere Reife oder der Militärdienst.

Schon am Vortag hatten Mariarosa und ihre Mutter mit dem Kochen begonnen, und nun bogen sich die Plastiktische vor allerlei Leckereien in ausreichenden Mengen, um ein ganzes Land satt zu bekommen. In der blauen Plastikwanne, die sonst für die Wäsche benutzt wurde, ruhte der Teig für die Pizzas, die frisch zubereitet, heiß und knusprig serviert und dann mit einer Prise Salz oder nach Wunsch mit Mozzarella und Tomaten gefüllt gegessen wurden.

Domenico pendelte zwischen Hof und Haus hin und her, erkundigte sich, wo Hilfe benötigt wurde, blies hier und da noch einen Luftballon auf.

»Die Kinder«, rief Mariarosa und war schon wieder fort, dieses Mal mit einer Backform mit Spinatsalzgebäck darin.

»Was ist mit den Kindern?« Die Schulter hochgezogen, die baumelnden Arme ein wenig gespreizt, stand Domenico da und wartete auf die Rückkehr seiner Frau und ihre Antwort.

»Behalt sie im Auge«, antwortete Mariarosa, die, jetzt mit leeren Händen, auf dem Weg in die Küche war, um sie dort wieder vollzuladen. »Pass auf, was sie anstellen.«

»Kommt Fred eigentlich auch?«, erkundigte sich Domenico, während er hinter ihr herging.

»Ja.« Sie hatten Fred und seine Frau vor einer Weile im Reitstall kennengelernt, wo ihr Sohn ebenfalls therapeutisches Reiten absolvieren sollte. Was sich anfänglich als schwierig erwies, da William, so hieß der Junge, es entschieden vorgezogen hatte, einfach im Geländewagen seines Vater sitzen zu bleiben.

Mariarosa zog eine Schublade auf und holte eine alte Keksdose hervor. Der cremegelbe Lack war voller Risse und an den Ecken abgesprungen. Darin wurden die Geburtstagskerzen aufbewahrt, schon immer. Bereits ihre Großmutter hatte es so gehalten, als Mariarosa noch ein kleines Mädchen war.

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