Die Trutze von Trutzberg by Ludwig Ganghofer

Die Trutze von Trutzberg by Ludwig Ganghofer

Autor:Ludwig Ganghofer
Format: epub
Tags: Roman
Herausgeber: Th. Knaur Nachfolger


XIV.

In der Trutzbergischen Ehrenstube, in der es nach Wachs, Wacholder und Lavendel roch und nach einer jungen, frischen, warmen Menschenblume duftete, lag noch ein graues Zwielicht um den Brokathimmel des großen Fürstenbettes. Ein Bilderteppich hing über die Scheiben des Erkers herunter und ließ von dem trüben Regenmorgen nur eine matte Helle hereinglimmen.

Draußen das Gurgeln und Plätschern eines Wasserspeiers. Aus der anderen Stube klang durch die geschlossene Tür undeutlich die laute, erregte Zwiesprach, die der Puechsteiner und Herr Melcher um Dinge der Verteidigung miteinander hielten, während sie gemeinsam das Frühstück genossen.

Auch in der Ehrenstube, auf einem Stühlchen neben dem Bett, stand eine Zinnplatte mit Milch und Honig und Weizenbrot. Alles noch unberührt. Von den beiden, die in der Stube waren, dachte keines an Hunger und Speise.

In dem träumenden Zwielicht keine Stimme, kein Laut. Nur der leise Hauch beklommener Atemzüge.

Frau Scholastika, von der Dämmerung umwoben wie von einem grauen Schleier, saß gebeugt auf der Kante des Bettes, in einer wirren Glücksbetäubung und dabei durchzittert von der Sorge um ihren Mann. Er hatte eine böse Fiebernacht mit Ungeduld, mit derben Lebenswünschen und eigensinnigem Genesungswillen überstanden und immer von einer nötigen Kur geredet, die so grausam und schrecklich war, daß Frau Schligg lieber sterben wollte als solchen Wahnsinn geschehen lassen. Ihr Korbi war doch nur verwundet von einem blanken Eisen, nicht gebissen von einem tollen Hund. Und zu dem herzlähmenden Schreck, den sie übertauchen mußte, hatte er noch lachen können, als wäre ihr Jammer ein drolliges Fastnachtspiel. Ach, manchmal verstand sie ihren Korbi nicht. Je heißer sie ihn liebte, je tiefer sie sich sorgte für ihn, um so weiter rückte er weg von ihr. Seiner Nähe war sie nur sicher, wenn er sie in seinen Armen hielt und ihren Körper umschraubte, daß ihr vor Schmerz und Seligkeit fast die Sinnen schwanden. Und als er sie beim Ergrauen des Morgens von seiner heißen Brust hinübergehoben hatte in das kühlgebliebene Drittel des Perlenschreins, da hatte er mit seinem unbegreiflichen Lachen gesagt: »Jetzt wirst du doch wissen, wie du mit unserem Mädel reden mußt. Geh, Schligg! Und bring' mir die Botschaft, die ich hören will. Es eilt ein lützel, daß unser Kind eines notfernen Lebens sicher wird.« Nach diesen fröhlichen Worten hatten seine glänzenden Augen wunderlich ernst geblickt, beinahe traurig. »Ihr Glück muß die Trutzburg sein. Was dreingeht, wird schmecken wie überständiges Kletzenbrot. Könnt' ich's ändern, ich tät's. Geh, Schligg, und lüg das liebe Mädel mit allem an, was für dich eine süße Wahrheit ist.«

Nun hatte Frau Schligg am Bett ihres Kindes geredet, fast eine Stunde lang, und sie selber wußte nimmer, was. Ihrem flüsternden Wirrsal von Sorge, stolzer Seligkeit und verlegener Scheu hatte Hilde stumm und mit groß geöffneten Augen gelauscht, klein zusammengehuschelt unter der Seidendecke des mächtigen Bettes, in dem sie lag wie ein Mäuschen in der Haferkiste. Schon seit einer Weile wartete Frau Scholastika auf eine Antwort ihres Kindes. Hilde schwieg noch immer, brennende Scham auf den Wangen, in den blauen Augen einen ungläubigen Schreck und ein wachsendes Grauen.

»Kind?«

Da stützte sich Hilde aus den



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