Die Tochter des Teufels by Heinz G. Konsalik

Die Tochter des Teufels by Heinz G. Konsalik

Autor:Heinz G. Konsalik [Konsalik, Heinz G.]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2010-09-29T04:00:00+00:00


Am zehnten Tag erreichten sie Chabarowsk.

Oberst Sinjew zog mit seiner Sträflingskolonne in ein verwahrlostes Bauerngut, das von einem Bretterzaun umgeben war. Hier wartete er auf das Verladen seiner vierhundert Verdammten. Der Gouverneur schickte Verstärkung … fünfzig verwegene sibirische Scharfschützen, die in zwei Tagen rund um das Gut vier Wachttürme aus Rundstämmen bauten und von dort aus Tag und Nacht das Lager bewachten. Wer sich dem Bretterzaun auf vier Schritt näherte, wurde ohne Anruf beschossen …

Oberst Sinjew, der das Zimmer des Gutsherrn bewohnte, ließ am vierten Tag des Wartens Nadja zu sich bitten. Er schob ihr ein beschriebenes Blatt Papier hin und lehnte sich zufrieden zurück. »Lesen Sie, Nadja Grigorijewna«, sagte er, »was ich an Admiral Koltschak geschrieben habe. Es wird seine Wirkung nicht verfehlen. Ich habe vorgeschlagen, Nikolai Gurjew zu begnadigen und ihm als einem freigelassenen Häftling ein Stück Land in Sibirien zuzuweisen, das er urbar machen kann. Dort können Sie leben, Kinder kriegen und mithelfen, Sibirien mit Hacke und Schaufel zu erobern.«

Nadja Gurjewa schob das Schreiben ungelesen über den Tisch zurück zu Oberst Sinjew. Es war eine stolze Gebärde, die Sinjew fasziniert beobachtete. »Wir wollen keine Gnade, Herr Oberst«, sagte sie laut. »Wir wollen Gerechtigkeit! Nikolai ist unschuldig!«

»Gerechtigkeit braucht Zeit, Madame.« Sinjew legte den Brief in eine lederne Mappe. »Sie werden sie in Sibirien haben.«

Acht Tage später, bei einem wütenden Schneesturm, der Chabarowsk völlig unter weißen Bergen vergrub, wurden die vierhundert Sträflinge verladen. Einfache Viehwagen waren es, deren Boden man mit Stroh belegt hatte.

In einem Personenwagen, der als letzter an den Zug gekoppelt war, erhielt Nadja Gurjewa ein Abteil für sich allein. Sinjew hatte es so angeordnet.

Beim Verladen sah Nadja ganz kurz Nikolai. Mit drei anderen, aneinandergefesselten Kameraden holte er einen großen Kessel kochendes Wasser aus dem Bahnhofsgebäude. Sie winkten sich zu, als führen sie auf zwei sich begegnenden Schiffen aneinander vorbei, ihre Blicke trafen sich und riefen sich zu: Ich liebe dich … dann stolperte Nikolai weiter.

In der Nacht setzte sich der Zug in Bewegung. Nadja saß am Fenster und drückte die Stirn gegen die kalte Scheibe. Der Übergang von der Zivilisation zur völligen Wildnis ging sehr schnell … ein paar Hütten noch, ein paar winzige, einsame Lichter … dann kam der Wald an die Gleise heran, Tannen, Lärchen und Zedern, eine vereiste, starre Wand, die sich verlief in den Sümpfen, um dann wiederaufzutauchen in urweltlicher Größe und Einsamkeit.

Sibirien.

Gab es jemals ein Zurück zu den Menschen?



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