Die Thomasius-Schwestern 02 - Die Töchter der Ãrztin - Zeit der Hoffnung by Sommerfeld Helene
Autor:Sommerfeld, Helene [Sommerfeld, Helene]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: dtv
veröffentlicht: 2023-11-16T00:00:00+00:00
Niemand wollte, dass es so kommt
â â â
Mai 1930
Adam lieà es sich nicht nehmen, Antonia bis zu ihrer Haustür zu begleiten.
»Wann sehe ich dich wieder?«, fragte er.
»Ãbermorgen, wenn mein Dienst zu Ende ist.«
Das hatte sie ihm zwar schon gesagt, aber er hoffte wohl, sie würde ihren Dienst verkürzen.
Nach dem Zoobesuch waren sie in einem kleinen Lokal essen gegangen, und anschlieÃend hatte Adam wieder mit seinen zwei Freunden einen Auftritt als Big Little Adam gehabt. Und ihr stand ein Nachtdienst bevor.
»Ich glaube, ich bin mehr als nur in dich verliebt, Tonja.«
Sie küssten sich.
Die Frage, die in ihr brannte, musste gestellt werden. Sie hielt es nicht aus, wenn sie die Antwort nicht kannte. »Wie viele Semester wirst du noch studieren?«
»Ich fange bald mit meiner Magisterarbeit in Germanistik an. Es sind eigentlich noch zwei Semester. Dann ⦠Ach so«, sagte er und wich ein winziges Stück von ihr zurück. Sie sah, wie es in ihm arbeitete. »Du meinst â¦Â«
»Ja, natürlich. Du wirst in einem Jahr wieder nach Atlanta zurückgehen. Und dann?«
Hatte er nicht so weit gedacht? Oder es verdrängt? »Wir gehören zusammen«, sagte er.
Im Licht der StraÃenlaternen erkannte sie ein Lächeln.
»Du warst doch in New York«, sagte er. »Dort könnten wir wohnen. Ich kann eine Professur für Deutsch an der New York University anstreben.«
Der Moment war zu schön, um daran zu denken, wieder in die Ferne aufzubrechen. Womöglich wie Henny in den USA zu leben. Kaum Grün und die vielen Wolkenkratzer dort. Das hatte ihr jedoch schon damals nicht gefallen.
Adams Vorschläge waren Luftschlösser, mehr nicht, alles könnte anders kommen.
Sie küsste ihn. »Ich muss rasch nach oben, meinem Vater sagen, dass ich zum Dienst gehe. Sonst macht er sich Sorgen.«
»Du denkst über meinen Vorschlag nach?«, fragte Adam.
»Nee, keine Sekunde!« Sie grinste.
»Bis in 48 Stunden, Tomboy!«
Sie stürmte die Treppe nach oben, fand ihren Vater wie üblich zu später Stunde umgeben von Büchern.
Er blickte lächelnd auf. »Du riechst nach Kneipe. Mach dich frisch, bevor du zum Dienst gehst.«
»Du bist meine Rettung, Vater!«, scherzte sie.
»Warâs schön? Habt ihr getanzt?«, rief er ihr nach, als sie im Bad verschwand.
Kurz darauf wünschte sie Gute Nacht und fragte: »Hat Mutter sich gemeldet?«
»Nein. Sie ist wohl noch mit Georg und seiner Familie auf dem Berg.«
Dort gab es kein Telefon, man konnte nur telegrafieren.
Im Dienstzimmer der Gynäkologischen Abteilung wurde Antonia vom Oberarzt erwartet, einem Mann von Anfang fünfzig. Sie mochte ihn, weil er freundlich und kompetent war.
»Sie sind spät dran, Fräulein Thomasius.«
»Um fünf Minuten, Herr Oberarzt.«
»In denen jemand Ihre Hilfe hätte gebrauchen können.« Er grinste. »Sie sollen ohnehin in die Notaufnahme. Eine Kollegin fällt aus. Und man hält dort groÃe Stücke auf Sie.«
»Das versöhnt mich mit meinem Los«, gab sie frech zurück.
»Wenn wir hier einen Notfall haben, rufe ich Sie. Ist das ein Angebot zur Güte?«
»Danke!«, rief sie und machte sich auf den Weg.
In der Notaufnahme herrschte der übliche abendliche Hochbetrieb. Gerade brachten zwei Sanitäter eine Trage herein. Antonia übernahm sofort die Erstaufnahme. Ein Autounfall, Brüche, Prellungen. Kurz darauf übergab ihr eine Schwester eine Krankenakte.
»Die Patientin wird gerade operiert. Eine Freundin von ihr sitzt im Warteraum.
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