Die Stärke der Töchter (Die Falkenbach-Saga) by Ellin Carsta

Die Stärke der Töchter (Die Falkenbach-Saga) by Ellin Carsta

Autor:Ellin Carsta [Carsta, Ellin]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Tinte & Feder
veröffentlicht: 2021-03-22T22:00:00+00:00


13. Kapitel

Ich habe sein wahres Wesen gesehen. Und wie schön die Maske auch sein mag, mit der er es zu verbergen sucht – ich blicke dennoch dahinter.

Irma Lehmann

Irma traute dem Frieden nicht, ganz gleich, was Leopold ihr versprach. Zwar hatte er bisher Wort gehalten und war seit dem Tag, an dem der Streit mit Wilhelm eskaliert war, wie verwandelt. Doch am Ende war Leopold immer noch Leopold, und dass er so plötzlich vom Saulus zum Paulus geworden sein könnte, schloss Irma kategorisch aus.

Leopold war heute, am Dienstag, wie auch schon gestern zusammen mit seinem Vater in die Fabrik gegangen und am Mittag ebenso mit ihm zum Essen gekommen. Danach war Leopold erneut zur Arbeit gegangen, während Wilhelm sich etwas hingelegt hatte, um es nicht schon wieder zu übertreiben. Jeden Abend, bis auf den, an dem sie gemeinsam zum Sommerfest gegangen waren, hatte Leopold nun zu Hause verbracht und sich nicht einmal davor gedrückt, mit den Kindern zusammen zu sein. Einige Male hatte er versucht, sich ihr zu nähern, doch er hatte ihre Zurückweisung akzeptiert. Er hatte lediglich angemerkt, er sei überzeugt, dass auch sie sich wieder in ihn verlieben würde. Das würde ihm sicher im Lauf der Zeit gelingen.

Inzwischen hatte sie manchmal sogar schon leise Bedenken, ob es wirklich richtig war, ihn weiterhin so schlecht zu behandeln und ihn das, was er ihr zuvor angetan hatte, büßen zu lassen. Schließlich wäre so auch kein Frieden zwischen ihnen möglich, und schon für ihre Töchter wäre es gewiss besser, das Zerwürfnis ein für alle Mal beizulegen und zu einem harmonischen Miteinander zu finden.

Vor einer halben Stunde hatte Irma einen Anruf erhalten, der sie vollkommen überrascht hatte. Clara war am Telefon gewesen und hatte sie gefragt, ob sie vielleicht am Nachmittag ein wenig Zeit miteinander verbringen wollten. Irma hatte eingewilligt, wenngleich sie es eigenartig fand. Seit Clara und Gustav aus Berlin hergezogen waren, war es zu keinem einzigen Treffen gekommen, bei dem nicht auch die anderen oder zumindest ein Teil von ihnen dabei gewesen wären. Womöglich, so mutmaßte Irma, ging es Clara genau wie ihr selbst, und sie wollte die Missstimmung, die wegen der früheren Beziehung zwischen Gustav und ihr zu einem schlechten Start geführt hatte, endgültig aus der Welt räumen. Also hatten die beiden sich am Steg verabredet. Clara hatte den Ort vorgeschlagen und auch mitgeteilt, dass heute in der Praxis wenig zu tun sei und Gustav auch mal ohne sie zurechtkomme. Irma hatte Sophia und Charlotte in Anitas Aufsicht gegeben, sodass sie keinen Zeitdruck hatte, als sie sich zu Fuß auf den Weg zu dem kleinen Anleger machte.

»Da bist du ja!« Clara kam auf sie zu und umarmte sie zur Begrüßung, sehr zu Irmas Verblüffung. Fast wirkte es auf Irma, als wäre Clara erleichtert, sie zu sehen. Hatte sie etwa geglaubt, dass Irma nicht kommen würde?

»Grüß dich, Clara. Ich muss schon sagen, dein Anruf war eine echte Überraschung für mich.«

»Ach, weißt du, ich gehe oft hierher, wenn ich ein bisschen nachdenken und allein sein will. Und ich dachte mir, so könnten



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