Die Spy Girls by Lutz Lisa

Die Spy Girls by Lutz Lisa

Autor:Lutz, Lisa [Lutz, Lisa]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Aufbau Digital
veröffentlicht: 2015-08-26T16:00:00+00:00


DER MORGEN DANACH

Sonntag, 18. März, 11.00 Uhr

Als ich die Küche betrat, schlug mir der Duft von Pfannkuchen, Toast und (pochierten, nicht gebratenen) Eiern entgegen.

»Krieg ich keinen Speck?«, fragte Rae. Erstaunlicherweise trank sie Orangensaft, sah kein bisschen grün oder gelb aus und hörte sich recht munter an.

»Nein«, beschied Henry.

»Guten Morgen«, sagte ich.

»Tut mir echt leid wegen gestern Nacht, Isabel«, sagte Rae.

»Kein Thema.« Ich sah sie prüfend an, machte aber keine Anzeichen von Brechreiz oder üblen Kopfschmerzen aus.

»Warum krieg ich keinen Speck?«

»Weil du mich mitten in der Nacht geweckt hast, damit ich dich volltrunken von einer Party abhole«, erklärte Henry.

Ich schlurfte zum Herd und raunte ihm auffällig unauffällig zu: »Gib ihr Speck, das hilft gegen Kater.«

»Sie hat keinen Kater«, entgegnete Henry.

»Wie bitte?«, fragte ich gereizt zurück.

»Erstens hat sie den Alkohol komplett erbrochen, zweitens hat sie auf meine Anweisung hin anderthalb Liter Wasser und einen Viertelliter Gatorade getrunken und drei Scheiben Toast gegessen, bevor sie schlafen ging.«

»Wieso hast du das veranlasst?«, fragte ich noch eine Spur grantiger.

»Damit sie keinen Kater bekommt.«

»Das wäre aber gut gewesen. Du«, wandte ich mich an Rae, »solltest dich jetzt hundeelend fühlen, so mies wie noch nie in deinem Leben.«

»So super geht’s mir auch wieder nicht«, erwiderte Rae kleinlaut.

»Wozu soll ein Kater gut sein?«, mischte sich Henry ein.

»Ursache und Wirkung. Wenn Rae merkt, dass ihr nach zu viel Alkohol schlecht wird, lässt sie es beim nächsten Mal hoffentlich bleiben, oder mäßigt sich wenigstens.«

»Ach ja?« Henry machte sich wieder am Herd zu schaffen. »Wie viele Kater hat es gebraucht, bis du gelernt hast, dich zu mäßigen?«

»Hundertachtundsiebzig84«, antwortete ich als gute Verliererin. Ich schenkte mir großzügig von dem Kaffee ein, den der Inspektor gebrüht85 hatte, und nahm Rae gegenüber Platz.

Henry setzte ihr einen Teller mit zwei pochierten Eiern und trockenem Vollkorntoast vor.

»Und du willst ganz sicher keine Pfannkuchen?«, fragte er.

»Nein, danke«, antwortete Rae mit auffallend viel Nachdruck. Dann kippte sie literweise Ketchup über die Eier.

»Aber ich hätte gern welche«, sagte ich und wunderte mich, weil Rae eine ihrer absoluten Leib- und Magenspeisen ablehnte.

»Wie viele?«, fragte Henry.

»Drei«, sagte ich.

»Einer reicht«, sagte Rae.

»Ich hab aber einen Bärenhunger. Drei, bitte.«

»Wie du meinst, ich hab dich gewarnt«, murmelte Rae.

Während Henry den Teig anrührte und in die Pfanne goss, fand ich es angebracht, meine Schwester zu den Ereignissen der letzten Nacht zu befragen.

»Warum hast du mir nicht erzählt, dass du auf eine Party gehst?«

»Hast du Mom und Dad vielleicht von jeder Party erzählt?«

Mein Mangel an Glaubwürdigkeit erschwerte die Sache. Ich versuchte es mit einem neuen Ansatz.

»Was hast du getrunken?«, fragte ich.

»Nur fünf Bier«, antwortete Rae.

»Nur fünf?«

»Das ist doch nicht viel.«

Der Inspektor drehte sich um und runzelte die Stirn. »Was sagst du da?«

»Beim letzten Super Bowl hat Isabel ein ganzes Sixpack geleert.«

Henry schüttelte traurig den Kopf. »Du darfst nicht vergessen, dass deine Schwester gut im Training ist.«

»Pass auf, was du sagst!«, warf ich ein.

»Außerdem wiegt sie fast zwanzig Kilo mehr als du.«

»Höchstens fünfzehn«, bellte ich.

»Sollen wir dich auf die Waage stellen?«, fragte Henry.

Ich ignorierte den Einwurf einfach. »Zu meiner Verteidigung möchte ich ergänzen, dass es Budweiser Light war und ich zweihundert Dollar auf das Spiel gesetzt hatte, das mein Team gerade versenkte.



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