Die Spiegelstadt by Cronin Justin

Die Spiegelstadt by Cronin Justin

Autor:Cronin, Justin [Cronin, Justin]
Die sprache: deu, fra
Format: epub
Herausgeber: Goldmann
veröffentlicht: 2016-10-07T12:06:40+00:00


Lucius Greer stand im Scheinwerferlicht auf dem Grund des Trockendocks und sah zu, wie eine ferne Gestalt in einem Bootsmannsstuhl an der Flanke des Schiffs entlangschwang.

»Herrgott«, schrie Lore. »Wer hat diese verdammte Schweißnaht gemacht?«

Greer seufzte. In den letzten sechs Stunden hatte nur sehr wenig von dem, was Lore gesehen hatte, ihren Beifall gefunden. Sie ließ sich mit dem Stuhl auf den Boden des Docks herunter und stieg aus.

»Ich brauche sofort ein halbes Dutzend Leute hier unten. Und nicht die Clowns, die diese Nähte da oben geschweißt haben.« Sie hob das Gesicht. »Weir! Bist du da oben?«

Das Gesicht des Mannes erschien an der Reling.

»Häng noch drei Stühle auf. Und hol Rand. Ich will, dass diese Nähte bis Sonnenaufgang erneuert sind.« Sie sah Greer von der Seite an. »Sag es nicht. Ich habe diese Raffinerie fünfzehn Jahre lang geführt. Ich weiß, was ich tue.«

»Von mir wirst du keine Klagen hören. Deshalb wollte Michael dich ja hier haben.«

»Weil ich ein sturer Hund bin.«

»Das hast du gesagt, nicht ich.«

Sie trat einen Schritt zurück, stemmte die Hände in die Hüften, und ihr Blick wanderte abwesend über den Rumpf. »Verrate mir was«, sagte sie.

»Was denn?«

»Hast du jemals gedacht, das Ganze ist Blödsinn?«

Er mochte Lore und ihre direkte Art. »Nie.«

»Nicht ein einziges Mal?«

»Ich würde nicht behaupten, dass mir der Gedanke nie gekommen ist. Zweifel liegen in der Natur des Menschen. Aber es kommt darauf an, was wir damit machen. Ich bin ein alter Mann. Ich habe keine Zeit, es mir noch mal zu überlegen.«

»Eine interessante Philosophie.«

Zwei Taue schwebten an der Flanke der Bergensfjord herunter, dann noch einmal zwei.

»Weißt du«, sagte Lore, »all die Jahre habe ich mich gefragt, ob Michael die richtige Frau finden und sich niederlassen würde. In meinen wildesten Träumen wäre ich nicht auf die Idee gekommen, meine Konkurrenz könnte aus zwanzigtausend Tonnen Stahl bestehen.«

Rand erschien oben an der Reling. Er und Weir fingen an, die Bootsmannsstühle anzuschirren.

»Brauchst du mich hier noch?«, fragte Greer.

»Nein, geh schlafen.« Sie winkte zu Rand hinauf. »Wartet, ich komme rauf!«

Greer verließ das Dock, stieg in seinen Truck und fuhr hinunter auf den Brückendamm. Die Schmerzen waren schlimm geworden; er würde sie nicht mehr lange verbergen können. Manchmal war der Schmerz kalt wie eine Klinge aus Eis, die ihn durchbohrte, dann wieder heiß wie glühende Kohlen, die in ihm umherrollten. Er konnte kaum noch etwas im Magen behalten, und wenn es ihm tatsächlich gelang zu pissen, sah es aus, als pisse er Arterienblut. Er hatte immer einen schlechten Geschmack im Mund, sauer und harnstoffartig. Im Laufe der letzten paar Monate hatte er sich viele Geschichten erzählt, aber tatsächlich sah er nur ein einziges Ende vor sich.

Gegen Ende des Brückendamms wurde die Fahrbahn schmaler, und zu beiden Seiten drängte das Meer heran. An diesem Flaschenhals war ein Dutzend mit Gewehren bewaffneter Männer stationiert. Als Greer bei ihnen anhielt, stieg Patch aus der Fahrerkabine des Tanklasters und kam herüber.

»Irgendwas im Gange da draußen?«, fragte Greer.

Der Mann saugte an seinen Zähnen. »Anscheinend hat die Army eine Streife geschickt. Wir haben kurz nach Sonnenuntergang Lichter im Westen gesehen, aber seitdem nichts mehr.



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