Die Spaltung der deutschen Arbeiterbewegung (German Edition) by Scharrer Manfred

Die Spaltung der deutschen Arbeiterbewegung (German Edition) by Scharrer Manfred

Autor:Scharrer, Manfred [Scharrer, Manfred]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Lume Books
veröffentlicht: 2020-02-23T16:00:00+00:00


VII. Der Gründungsparteitag der KPD

1. Die organisatorische Abspaltung der USPD

Nach der Abspaltung der Gruppe Internationale 1915/16 von der Opposition um Hugo Haase, Karl Kautsky, Georg Ledebour auf der Grundlage der Leitsätze über eine zukünftige Internationale erfolgte der Eintritt in die USPD trotz unverändert weiter bestehender Differenzen mit der Begründung der eigenen zahlenmäßigen Schwäche. Mit der weitgehenden Übernahme der innenpolitischen Forderungen der USPD, und nachdem diese auch politisch die Verantwortung für die außerparlamentarischen Aktionen des April‑ und Januarstreiks übernommen hatte, konnte es zeitweilig so scheinen, als ob die Differenzen zwischen Spartakus und der USPD für beide Seiten erträglich geworden wären. Nach dem November verflogen diese Gemeinsamkeiten sehr schnell. Spartakus trennte sich jetzt von der alten Forderung der Sozialdemokratie nach einer demokratischen Republik und erklärte die Ablehnung der Nationalversammlung zu einer Prinzipienfrage, die nur eine Entweder-Oder‑Entscheidung zulasse. In der gleichen Schärfe wurde ein Aktionsbündnis mit den Mehrheitssozialdemokraten abgelehnt und die USPD als »Feigenblättchen« vor der »konterrevolutionären Blöße« der »Ebert‑Scheidemänner« bekämpft. Wurde schon der Eintritt in die USPD 1917 von Teilen der Linksradikalen als eine opportunistische Halbheit abgelehnt, und war dieser Schritt gemessen an der vorangegangenen Polemik gegen die SAG tatsächlich unverständlich und unglaubwürdig, so wurde jetzt dieser aus der Not der eigenen Schwäche vollzogene Schritt noch unhaltbarer.

Spätestens nach der außerordentlichen Generalversammlung der USPD von Groß‑Berlin am 15. Dezember 1918, auf der die Spartakusgruppe mit ihrem Programm eine eindeutige Niederlage erlitten hatte, blieb nur noch die Trennung von der USPD, sollte das großgesprochene »Entweder ‑Oder « von Rosa Luxemburg nicht als leeres Gerede im Raum stehenbleiben: »Ihr steht jetzt vor der Entscheidung, welchen Weg Ihr gehen wollt, entweder mit uns oder Scheidemann. Es gibt jetzt kein Ausweichen mehr, nur ein Entweder ‑Oder « [547] (Hervorh., M. S.)

Diese Forderung, die die tatsächlichen Kräfteverhältnisse zwischen Spartakus und USPD völlig auf den Kopf stellte, verkannte, dass es für Spartakus höchstens die Alternative gab, weiterhin das »schützende Dach« der USPD in Anspruch zu nehmen oder sich abzuspalten, d.h. sich als selbständige Partei zu konstituieren. Jedoch wurde die erste Möglichkeit mittlerweile auch von Teilen der USPD immer mehr in Frage gestellt und die Trennung der Partei von der Spartakus‑Gruppe gefordert. An die dritte Möglichkeit, sich der demokratischen Mehrheitsentscheidung der Partei zu beugen, dachte bei Spartakus niemand.

Es war Leo Jogiches, der maßgebliche Organisator der Spartakusgruppe, der sich bis zu der nichtöffentlichen Sitzung vor dem Gründungsparteitag am 29.12.1918 gegen eine organisatorische Abspaltung von der USPD wehrte. Das Argument vom »schützenden Dach« hatte für ihn weiter seine Richtigkeit. [548] Er konnte sich jedoch damit nicht durchsetzen, weil u.a. Rosa Luxemburg inzwischen entschlossen war, eine Trennung von der USPD zu vollziehen. Für diese Meinungsänderung kann die Ablehnung eines von ihr geforderten Parteitages durch die USPD-Führung nur als ein belangloser äußerer Anlass gewertet werden. Die sachlich‑persönlichen Differenzen hatten eine Trennung längst überfällig gemacht. Welchen Anteil Radek durch sein Einwirken auf die Bremer Linksradikalen, sich mit dem Spartakusbund zu vereinigen, an der Gründung der KPD hatte, lässt sich schwer abschätzen. In der Darstellung von Marie‑Luise Goldbach scheint seine Bedeutung jedoch viel zu hoch veranschlagt



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