Die Selbstsucht der anderen by Dombek Kristin

Die Selbstsucht der anderen by Dombek Kristin

Autor:Dombek, Kristin
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Suhrkamp Verlag
veröffentlicht: 2016-03-14T16:00:00+00:00


Bei Amazon, wo man einzelne Staffeln von My Super Sweet 16 herunterladen kann, findet man lediglich eine Kundenbewertung, und die gibt der Sendung einen Stern. »Dämliche Sendung«, schreibt der Kritiker, »aber zumindest gut genug, um meinen Kindern zu zeigen, wie rücksichtslos und verzogen so manches andere Kind ist.« Auch MTV selbst ging wohl davon aus, dass der Sendung vor allem aus Abscheu zugesehen wurde, und ließ der Serie einen Spin-off mit dem Titel Exiled folgen, in dem Sechzehnjährige von ihren Eltern in abgelegene Dörfer der Dritten Welt verbannt werden und dort zurechtkommen müssen. Darauf folgte dann noch ein dreiteiliger Spielfilm unter dem Titel My Super Psycho Sweet 16.

Als Allison in ihrer Folge sagt, dass die Krankenwagen doch auch außenrum könnten, scheint sogar sie fast lachen zu müssen über das, was sie da sagt. »Du liebe Zeit«, kommt es theatralisch vom Partyplaner. Und Allisons Mutter sagt roboterhaft: »Wenn Allison sich das wünscht, dann sorgen Sie dafür, dass es geschieht.« Am Tag der Party sieht es dann tatsächlich so aus, als ob die Peachtree Street abgesperrt wird; vermutlich hat MTV da stark nachgeholfen. Und es gibt eine Parade mit allem Drum und Dran – Blaskapelle, Pferde, Motorräder –, und Allison wird in einer Limo vorgefahren und ruft: »Gewonnen! Ich bin der coolste Mensch ever!« Nach der Hälfte der Party passiert die unerlässliche Katastrophe: Ein Freund, dem schlecht ist, übergibt sich, kotzt sie an, und Allison schmeißt ihn raus (»Etwas Schlimmeres ist mir seit, ähm, vier Jahren nicht passiert!«). Dann betritt die Hiphop-Crew G-Unit die Bühne und alle fangen an zu tanzen, von ihren Eltern bekommt Allison den Schlüssel für ein Mercedes-SUV, und alle sind sich einig, dass sie noch nie auf einer besseren Party gewesen sind, was am Ende jeder Episode bekundet wird. Anschließend Schnitt – und Werbung.

Stanley Milgrams berühmtes sozialpsychologisches Experiment zeigte schon früh, dass sich Menschen in irrealen Situationen von glaubwürdigen Autoritäten dazu bewegen lassen, schreckliche Dinge zu tun. Milgram bat Hunderte von Männern, einem anderen Mann, der von Ersteren gleichfalls für einen Teilnehmer des Experiments gehalten wurde, der aber in Wahrheit nur ein Schauspieler war, Stromstöße zu verpassen. Die Versuchspersonen glaubten, sie nähmen an einer Studie zum Thema Erinnerung teil. Sie sollten dem anderen ein Wort vorsagen und hatten Anweisung, bei nicht korrekter Wiederholung an einem Regler zu drehen, wodurch ein Stromstoß ausgelöst wurde. Der niedrigste Stoß war mit 15 Volt beziffert, »leichter Schock«, der höchste mit 450 Volt, daneben war zu lesen »Achtung: bedrohlicher Schock«. Während die Teilnehmer die fingierte Spannung erhöhten, tat der Schauspieler so, als leide er Schmerzen, und bettelte darum, freigelassen zu werden. Einige Männer brachen zu einem sehr frühen Zeitpunkt ab, aber in einer Durchführungsrunde des Experiments gingen sage und schreibe 65 Prozent bis zum höchsten angenommenen Stromstoß, bei dem der Schauspieler dann verstummte.

Milgram veröffentlichte seine Studie 1963 im Journal of Abnormal and Social Psychology und ging ihrer Bedeutung 1974 in seinem Buch Das Milgram-Experiment. Zur Gehorsamsbereitschaft gegenüber Autorität auf den Grund. Im Buch schrieb Milgram: »Die Sozialpsychologie unseres Jahrhunderts enthüllt uns nämlich eine



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