Die Schokoladen Saga 01 - Die Schokoladenvilla - Historischer Roman by Maria Nikolai
Autor:Maria Nikolai [Nikolai, Maria]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Penguin Verlag
veröffentlicht: 2018-10-07T22:00:00+00:00
34. KAPITEL
Die Villa der Rothmanns, Degerloch
»Ich brauche wirklich keinen Arzt, Frau Margarete«, betonte Judith zum wiederholten Mal. »Es handelt sich um eine kleine Unpässlichkeit. Wahrscheinlich habe ich mir den Magen verdorben. Mir geht es schon viel besser.«
»Aber Ihr Herr Vater besteht darauf, dass Sie untersucht werden, Fräulein Judith.«
»Und wenn hier zehn Ärzte aufmarschieren, wird mich keiner auch nur ansehen dürfen«, fauchte Judith gereizt.
Schon den ganzen Vormittag über versuchte die Haushälterin, sie davon zu überzeugen, Dr. Katz rufen zu lassen. Judith lehnte strikt ab. Ihr fehlte nichts, sie fühlte sich so weit gut und wollte keinesfalls mehr Zeit im Bett verbringen als unbedingt notwendig.
Die ganze Situation gestern war peinlich genug gewesen. Vor allem deshalb, weil Victor aus dem Nichts wieder neben ihr aufgetaucht war, sie gehalten und mit seinem Taschentuch ihre Lippen abgetupft hatte.
Sie hätte vor Scham im Boden versinken können und mochte gar nicht mehr daran denken. Auch wenn es, irgendwo ganz tief in ihrem Inneren, gutgetan hatte, so umsorgt zu werden, konnte sie sich nicht vorstellen, dass ein Mann eine Frau, die er in diesem Zustand erlebt hatte, noch anziehend fand.
Nachdem sie sich einigermaßen erholt und Victor so nonchalant wie möglich verabschiedet hatte, musste sie Dorothea und Charlotte davon überzeugen, dass sie sich kräftig genug fühlte, um mit Dora nach Hause zu gehen. Das war gar nicht so leicht gewesen. Erst als die beiden gesehen hatten, dass Theo vor dem Ausgang bereits mit dem Pferdeschlitten auf sie wartete, zogen sie von dannen. Allerdings nicht, ohne ihr noch unzählige gute Ratschläge mit auf den Weg zu geben.
Judith war noch immer flau im Magen gewesen, als sie den Schlitten bestiegen hatte, und der Heimweg entlang der kurvigen Weinsteige war ihrem Zustand nicht gerade zuträglich gewesen. Wenigstens hatte sie sich nicht noch einmal erbrochen.
Die Abendmahlzeit hatte sie ausfallen lassen, da der bloße Geruch von Essen erneute Übelkeit ausgelöst hatte, und war ohne weitere Erklärung zu Bett gegangen. Ihr Vater hatte zwar konsterniert gewirkt, war aber nicht weiter in sie gedrungen. Mit einem Ohr hatte Judith vernommen, dass Dora ihm etwas von zu viel Naschereien erzählt hatte, was zwar nicht stimmte, aber die Situation genügend erklärte. Zudem durfte sie heute Morgen den Kirchgang ausfallen lassen.
Nun galt es also, die Haushälterin zu beruhigen, damit die ganze Sache keine übermäßigen Folgen nach sich zog. Denn Judith wollte morgen auf jeden Fall in die Fabrik.
»Sie möchten Dr. Katz doch sicherlich nicht unnötig herbestellen, Frau Margarete«, sagte sie deshalb. »Bei diesem Wetter!« Sie deutete auf ihr Fenster, vor dem der Schnee bereits wieder in dicken Flocken fiel.
»Nun gut.« Die Haushälterin gab sich endlich geschlagen. »Aber sobald Ihr Zustand sich verschlechtert, schicke ich Robert los.«
Judith nickte und war froh, als die gewissenhafte Margarete endlich zur Tür hinaus war.
Sie setzte sich gerade im Bett auf, als es erneut klopfte. Diesmal kam Dora herein, die ihr eine kleine Deckelterrine mit Brühe brachte.
»Die Gerti meinte, dass Ihnen das sicher guttut«, sagte sie und stellte das Tablett vorsichtig neben Judiths Bett ab. »Fühlen Sie sich besser, gnädiges Fräulein?«
»Oh ja, viel besser. Hat der Herr Vater noch etwas gesagt?«
»Nur, dass er gerne möchte, dass Sie untersucht werden.
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